Autorin
Sabine Ibing
Interview mit
Maren Brüsemeister
(von Sabine Ibing)
Dein Buch, Maren, ist mit deinem Leben verwoben. Denn das wurde durch
die Diagnose Brustkrebs enorm durcheinandergeworfen. Aber das war
noch lange nicht alles. Während der gesamten Krebstherapie warst du
schwanger und wusstest es nicht. Es war nicht klar, ob dein Kind gesund zur
Welt kommen würde. Dazu hast du ein Buch geschrieben und gleich einen
Verlag gegründet.
Du nimmst die Leser in Deinem Buch nicht nur mit zu Deinen Behandlungen
mit, auch Arztberichte sind abgedruckt, klare kalte Aussagen über Diagnose
und Therapie.
Warum so viel Entblätterung?
Maren: Weil meine Ärzte und ich in dieser schweren Zeit ganz auf uns
alleine gestellt waren. Es gab deutschlandweit keinen vergleichbaren Fall.
Ich hatte die Arzneimittelfirmen angeschrieben und mir Auskunft erhofft.
Stattdessen wurden mir seitenweise Fragebögen zugeschickt, denn die
Forschungszentren wollten Auskunft von mir. Meine Ärzte haben damals
nach bestem medizinischem Wissen gehandelt und sich untereinander
vernetzt. Trotzdem hätte ich gerne gehört, dass es vergleichbare
Erfahrungen gibt. Eine große Zielgruppe meiner Leserschaft sehe ich auch
in den medizinischen Berufsgruppen. Denen möchte ich medizinische Daten
weitergeben…..Drum so viel Entblätterung!
Du sagst, als deine Protagonistin in „Sina“ umgetauft wurde, konntest du
Distanz von dir nehmen: „Plötzlich hatte ich den persönlichen Abstand zu der
Geschichte. Es war ein Roman und das Schreiben bekam plötzlich eine
Leichtigkeit und Schwung. Ich konnte mich erinnern, schreiben und die
Gefühle fließen lassen.“ Reicht nur die Namensänderung, um sich selbst
ohne Schmerz zu spiegeln?
Maren: Eine sehr gute Frage, die ich mit Ja und Nein beantworten muss.
Ja = Für die Phase des Schreibens reichte es tatsächlich. Ich war da wirklich
gedanklich in einem Roman mit Sina.
Nein = Für die „Selbstspiegelung ohne Schmerz“ reicht eine einfache
Namensänderung nicht. Es ist und bleibt meine Lebensgeschichte…egal, wie
ich in meinem Roman heiße. Das wird mir immer wieder bei Lesungen,
Interviews etc. bewusst. Über viele Szenen kann ich, selbst heute noch, nur
mit Herzrasen und zittriger Stimme lesen oder berichten.
„Mir war es wichtig, dass ich dieses Buch locker und mit Humor schreibe,
genauso wie ich bin und wie ich es bei allem Schrecken und aller Furcht
erlebt habe.“ Deine Worte. Wie kann man ein solches Thema mit Humor
wiedergeben?
Hast Du mal versucht, mit drei Drainagebeuteln am Körper zu duschen?
Dieser Versuch kann in der Tat zu einer humorvollen Szene werden. Lach!
ch bin ein positiver Mensch und gebe generell die Hoffnung nicht auf.
Wehleidig sein war für mich nie eine Option. Ich gehe immer strahlend durch
mein Leben. Ich war mir die ganze Zeit sicher, dass ich aus dieser Phase
meines Lebens gestärkt herauskomme. Die Krebsdiagnose war ein Schock,
so eine Therapie ist ein harter Weg….aber ich hatte keine andere Wahl. Es
gab kein Plan B, ich musste da durch, denn ich wollte leben. Aber, viel
schlimmer war für mich die Schocknachricht, dass ich im siebten Monat
schwanger war und ich es nicht bemerkt habe. Mein ungeborenes Kind hat
eine Therapie durchgemacht, die für Schwangere nicht zulässig ist.
Operationen, Chemotherapie und Bestrahlungen. In dem Moment wurde mir
klar, ich kämpfe hier nicht NUR um mein Leben.
Mein Roman „Die Löwenstarke“ schildert eine dramatische Zeit…aber ich
möchte dem Leser auf keinen Fall eine Leidensgeschichte präsentieren. Im
Vordergrund steht für mich eine faszinierende und mutmachende
Geschichte. Mir geht es heute gut und ich habe ein ganz normales,
gesundes Kind…..aber irgendwie auch ein ganz besonderes Kind.
Du hast auch mit dem Buch einen eigenen Verlag gegründet. Hast dich zuvor
bei Publikumsverlagen mit deinem Manuskript beworben? Und warum gleich
einen Verlag gründen?
Maren: Ja, ich habe meine Geschichte bei diversen namentlichen Verlagen
vorgestellt. Es kamen die üblichen freundlichen Absagen oder gar keine
Reaktionen. Ein kleinerer Verlag hat tatsächlich Interesse gezeigt. Das
Angebot war aber so schlecht, dass ich mir in dem Moment gesagt habe, das
kann ich selbst genauso und noch besser schaffen.
Damit begann der Weg zum eigenen Verlag. Ich wollte mein Buch
bestmöglich etablieren und der Gedanke an weitere Buchprojekte bestärkte
meine Entscheidung.
Du hast ein traumatisches Erlebnis verarbeitet. Wie geht es weiter. Das war
sozusagen ein Tatsachenbericht. Du hast einen Verlag gegründet, Maren,
das heißt, du wirst weiterschreiben. In welche Richtung wird es weitergehen,
hast du Pläne? Das nächste Buch wird eine ausgedachte Geschichte sein. Wo
holst du die her?
Maren: Mein Verlag soll natürlich zukünftig nicht nur aus einem Buch
bestehen. Als Einzelunternehmer sind meine wirtschaftlichen/finanziellen
Möglichkeiten aber eingeschränkt und ich muss meine Projekte sorgfältig
editieren.
Ich plane in meinem Verlag eine Kinderbuchreihe in Form einer
Projektwerkstatt: „Kinder schreiben für Kinder“.
Ich selbst schreibe gerade an einem Sachbuch über mein zweites Standbein
der Malerei. Auch die Romanreihe wird Zuwachs bekommen. Ich werde aber
in dem Genre „Geschichten aus dem Leben“ bleiben.
Ich habe mich auf deiner Verlagsseite informiert. Dort steht: »Sie werden bei
mir nicht nur Bücher zum selber Lesen oder als Geschenk finden, sondern
auch Kunst und Schreibwaren.«. Das hat mich etwas verwirrt. Planst du auch
Bücher von anderen Autoren dort zu verlegen? Und was haben
Schreibwaren und Kunst in einem Verlag zu suchen? Wie sollen wir das
verstehen?
Maren: Ja, Verlag und Kunst klingt in der Tat etwas verwirrend. Das muss ich
erklären. Kunst ist seit vielen Jahren meine Leidenschaft. Ich war als
freischaffende Künstlerin tätig und habe Malkurse bevorzugt für Kinder
und Senioren gegeben. Durch meine Krebstherapie ist dies leider alles
etwas in den Hintergrund geraten. Ich möchte diese Leidenschaft aber auf
keinen Fall aufgeben. Ich wollte einen Weg finden, das Schreiben und Malen
beruflich/gewerblich unter einen Hut zu kriegen. Mit meinen Motiven möchte
ich in den Bereich der Tagebücher, Kalender etc. gehen. Somit, das
außergewöhnliche an meinem Verlag: Hier gibt es auch Kunst! Zwinker!
Im nächsten Jahr möchte ich auch andere Autoren aufnehmen. Darf ich hier
einen Aufruf machen? Wer Kinderbücher schreibt, Geschichten aus dem
Leben und/oder auch aus dem Kunstbereich kommt, der kann sich gerne
bei mir melden. Wie gesagt, ich bin klein, somit muss ich sehr sorgfältig
meine Bücher auswählen…..aber ich bin dynamisch.
Eine Frage noch zu deiner Tochter. Ich hoffe, sie ist weiterhin putzmunter
und gesund. Ich wünsche euch beiden, dass ihr so etwas nie wieder
durchmachen müsst.
Maren: Danke für Deine lieben Wünsche. Ja, meine Tochter will die Welt
erobern und strapaziert meine Nerven….also, sie ist putzmunter.
Und eins muss ich ganz klar über meine Tochter sagen: Sie hat in ihrem
bisherigen kurzen Leben alles richtig gemacht. Während der
Schwangerschaft hat sie sich lange genug versteckt und hat sich dann
sicher und gesund auf die Welt gebracht. Denn, eine Frage hast Du mir hier
nicht gestellt… Was wäre gewesen, wenn ich zum Beginn meiner
Krebstherapie von der Schwangerschaft gewusst hätte? Heute danke ich
Gott, dass ich mir diese Frage nicht stellen musste.
Wann erscheint dein neues Buch und was kannst du uns darüber
verraten? Gibt es Lesetouren in der nächsten Zeit? Wo finden wir die
Termine?
Maren: Ich hab ja schon von meinen weiteren Buchprojekten erzählt.
Über den Zuwachs in meiner Romanreihe kann ich verraten, dass es
ein Buch wird, was ich als Ghostwriter schreibe. Es spielt hinter den
Kulissen des Autorennsports und beruht natürlich auf wahren
Geschichten. Hinein integriere ich auch tolle Fotos und Interviews von
bekannten Rennfahrern.
All meine erwähnten Projekte sollen im ersten Halbjahr 2016
erscheinen. Genaue Monate sind noch nicht festgelegt.
Meine öffentlichen Lesungen sind für dieses Jahr abgeschlossen. Es
steht nur noch eine Lesung in einer Ostsee-Kurklinik an.
Termine, für all meine öffentlichen Auftritte, sei es in Printmedien, TV
oder bei Lesungen (und vieles mehr) findet ihr auf meiner
Internetseite www.marenbruesemeister.de
….und ihr könnt mich natürlich auf Facebook begleiten.
Einen Termin darf ich euch an dieser Stelle verraten. Am 24.Oktober
berichtet der NDR in der Sendung DAS über mich. Wer Lust hat, schaltet um
18.45 Uhr ein.
Ich danke dir, dass du dir Zeit genommen hast, meine Fragen zu
beantworten.
Maren: Und ich danke Dir, für das tolle Interview!.....und allen Lesern für
euer Interesse.
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