Autorin
Sabine Ibing
Der erste Satz: »Die Todesboten erscheinen um neun Uhr morgens.«
Jun’ichi hat seine Strafe abgesessen, er hatte im Streit jemanden
getötet. Seine Familie musste dafür bezahlen, hat alles verloren, die
Firma vor dem Ruin, der soziale Abstieg in eine kleine Wohnung, in
Japan bezahlt man mit Geld und mit Statusverlust: die gesamte
Familie wird bestraft. Je höher die versprochene
Wiedergutmachung an die Opfer ausfällt, umso geringer die Strafe.
Jun’ichi bekommt von dem Justizangestellten Nangō ein Angebot
mit guter Bezahlung. Sie sollen die Unschuld von Kihara beweisen,
eines Gefangenen aus der Todeszelle, denn der sitzt
möglicherweise unschuldig, seine Hinrichtung steht kurz bevor. Er
kann sich an nichts mehr erinnern, er war sturzbetrunken an
diesem Tag. Wer sich nicht erinnern kann, kann nicht bereuen. Das
japanische Strafrecht sieht bei einem Raubmord mit weniger als drei
Getöteten nicht unbedingt die Todesstrafe vor. Wichtig ist die Reue,
die begnadigen kann. Nangō hat auch getötet, es ist sein Job, eine
Sache, die auf seiner Seele liegt.
»Kihara lauschte angestrengt und versuchte, die einzelnen
Geräusche zuzuordnen. Mit Entsetzen hörte er ein leises Keuchen
aus dem Lärm heraus. Dann vernahm er das Würgen eines von
Todesangst gepeinigten Menschen, der sich krampfhaft erbrach,
während er aus der Zelle geführt wurde. Kihara presste sich beide
Hände auf den Mund, um den eigenen Brechreiz zu unterdrücken.«
Das Ermittlerduo muss sich beeilen. Was ist damals wirklich passiert?
Bei der Recherche stößt das Ermittlerteam immer wieder auf
Widersprüche, Ermittlungen landen in Sackgassen. In diesem Roman
geht es um den unnatürlichen Tod. Wann ist eine Tötung ein Mord,
wann ein Todschlag, wann ist eine Tötung legal. Ist eine Tötung
sühnbar? Wenn ja, in welcher Form? In 13 Stufen verläuft die
reglementarische Abwicklung der Todesstrafe. Das japanische
Verständnis von Recht ähnelt einerseits dem unseren, aber
anderseits ist es völlig anders. Eine zerrissene Gesellschaft,
verhangen in Traditionen, dem Abbitten, sozialen Ausgrenzung,
Familienschuld, ein Roman, der uns das vor Augen hält.
»Hör mal, es geht um die Entscheidung zwischen zwei Möglichkeiten.
Vor unseren Augen sind beide Kandidaten am Ersaufen. Der eine ist
ein zu Unrecht angeklagter Todeskandidat, der andere ein
Einbrecher, der einen grausamen Doppelmord auf dem Gewissen
hat. Wenn wir nur einen retten können, für welchen sollen wir uns
entscheiden? Es besteht immer die Gefahr, dass Gesetze von Seiten
der Mächtigen willkürlich ausgelegt werden.«
An manchen Stellen wirkt die Geschichte sehr sachlich, ist
überfrachtet mit Fachinformation, es leidet das erzählerische
Moment. Trotz allem lebt die Erzählung von der
Auseinandersetzung mit der Todesstrafe, mit dem
gesellschaftlichen Problem von Strafgefangenen und ihren
Familien. Wendungen und unerwartete Wendungen halten die
Spannung bis zum Schluss. Eins ist gewiss, am Ende wird irgendeiner
sühnen müssen, sterben. Nur welcher wird es sein?
Kazuaki Takano arbeitet in Hollywood und Japan als Drehbuchautor.
Für seine Romane erhielt er renommierte Preise.
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13 Stufen
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