Autorin
Sabine Ibing
Klappentext: »Dieser Ratgeber soll mutmachen, all jenen, die vom
Schreiben träumen und es versuchen wollen – oder bereits
mittendrin stecken. Es soll aber auch eine unterhaltende Lektüre
sein für alle, die neugierig sind und schon immer wissen wollten, wie
eine Krimiautorin in ihrem stillen Kämmerlein so mordet.«
Ich war gespannt auf dieses Buch, denn zum Thema Schreiben gibt
es eine Menge Literatur, zum Krimischreiben wenig. Was mir gleich
auf dem Cover auffällt, hier schreibt eine Frau ein Buch und oben in
der Ecke steht: Tipps von 10 Krimiautoren. Gab es keine Autorinnen,
die Tipps geben konnten?
Am Anfang des Ratgebers berichtet Monika Mansour von ihren
Anfängen des Schreibens. Es sind persönliche Erfahrungen. Sie liest
Fachbücher zum Schreiben, beginnt. Nach einem Desaster, niemand
möchte ihren 800-Seiten Krimi veröffentlichen, liest sie weitere
Ratgeber, arbeitet an sich, schreibt einen neuen Krimi, kürzer, über
Orte, die sie kennt. Nach 18 Jahren harter Arbeit, sich am Schreiben
weiterzuentwickeln, war es soweit: Eine Agentur hatte ihr
Manuskript angenommen, unter Vertrag gebracht. Auf Seite 99
angekommen, bin ich leider bisher enttäuscht. Ich hatte eher einen
Schreibratgeber erwartet. Was ich vorfinde, ist eine persönliche
Auseinandersetzung mit sich selbst als Schriftstellerin: Wie ist der
Weg zur Schriftstellerin von Monika Mansour gelaufen, wie hat sie
begonnen zu schreiben, wie lange hat es gedauert, bis das erste
Buch erschien, ihre Arbeit mit dem Lektorat, ihre Erfahrung über
Lesungen und wie ging sie mit positiver / negativer Kritik ging, mit
Rezensionen. Bis hierher habe ich eine Stunde gebraucht, große
Buchstaben, Leerseiten, großzügige Ränder, ich habe manches
quergelesen. Es ist sicher interessant, das Buch bis hierher zu
lesen, ohne Frage, aber eigentlich nicht das von mir erwartete
Thema bis hierher.
»Denn ohne Agentur hat man heute bei den mittleren bis großen
Verlagen kaum eine Chance.«
Dieser Satz machte mich ein wenig ratlos. Woher diese Gewissheit?
Immer mehr Autoren trennen sich von Agenten, die sie schlecht
vertreten, andere haben erst gar keinen Zugriff auf Agenten oder
wollen erst gar keinen. Manche lieben ihre Agenten, alles ist
individuell. Denn die Realität sieht so aus, dass es einfacher ist,
einen Verlag für sein Buch zu finden, als einen Agenten! Und dann
finde einen, der zu dir passt!
»Welche Voraussetzungen braucht es, um erfolgreich einen
Kriminalroman zu veröffentlichen? – Einen starken Willen, Geduld,
Disziplin, Ausdauer, Passion, Selbstvertrauen, Offenheit, Neugier,
die Bereitschaft, Schreibtechniken zu erlernen – und es braucht
eine gute Portion Glück.«
Im Prinzip würde ich Monika Mansour beipflichten. Aber meiner
Meinung nach braucht es davor folgendes: Das Talent zu erzählen,
eine ausgereifte Sprache, einen gutdurchdachten Plot mit einem
interessanten Thema.
»Wie sieht das Inventar eines Schriftstellers aus? – Mein Inventar?
Kaffeemaschine, weißes Papier, Leuchtstifte, ein Bundesordner, der
Laptop, Drucker, und ein USB-Stick zur täglichen Sicherung. Du
kannst also ohne Anschaffung eine Firma gründen.«
Es wird immer von Firma geredet. Ist ein Schriftsteller eine Firma?
Ich würde es nicht so definieren, aber gut. Und ist es jetzt wichtig,
einen Arbeitsplatz zu beschreiben? Meiner sieht völlig anders aus.
»Das 10-Finger-System ist ein MUSS für jeden Autor.« Ja wirklich? Ich
kann es bis heute nicht, schreibe täglich viel und schnell, kenne eine
Menge Schriftsteller mit Rang und Namen, die es auch nicht
beherrschen und es gibt sogar immer noch welche, die keinen PC
besitzen, Bestsellerautoren, die kein Arbeitszimmer haben, am
Küchentisch tippen / schreiben.
Für den Anfang: »Die Prämisse. Schreib sie dir auf ein buntes Blatt
Papier und hänge sie über den Computermonitor. Das ist der Kern
deiner Geschichte, von der du niemals abweichen darfst.«
Und warum nicht ausführlicher?
Aber wie komme ich auf die Prämisse? Es wird leider nicht erklärt.
Das Ende – ich muss wissen, wer der Mörder ist. Klar. Ich stelle mir
vor, ich will lernen, wie man einen Krimi schreibt, darum ja das Buch.
Aber es macht mich ratlos. Monika Mansour beginnt mit dem Ende.
Gut, ihr Weg. Aber ist das der Königsweg? Nein. Viele Straßen führen
nach Rom. Hier fehlt mir die Individualität. Welche verschiedenen
Wege gibt es, den Plot zu entwickeln? - Viel später wird das Thema
doch aufgenommen und es wird erklärt, dass jeder seinen eigenen
Weg finden muss. Auch das Thema ist zerstückelt.
»Die Geschichte ist im Kopf, wie beginnst du zu schreiben? ... Ich
denke, jeder Autor beginnt anders. Was ich vor mir habe, sind
Prämisse, ein Kurzexposé, die Charakterblätter und der
Handlungsentwurf. … detailiertes Treatmet verfassen …«
Aha! Viele Fachbegriffe. Der Anfänger ist verwirrt. Und genau das
hätte er gern gewusst, wie kommt man zu diesen Entwürfen.
Schreibt man ein Exposé nicht erst hinterher? Was ist das
überhaupt? – Auch zu diesem Thema gibt es die Infos auf den
letzten Seiten.
Und nun kommen wir aber doch noch zum Dreiakter und der
Heldenreise. Ich war erstaunt, dachte, die Entwicklung der
Geschichte sei in den vorigen Kapiteln abgeharkt. Die Darstellung ist
wieder ziemlich knapp gehalten, auch wird leider nicht die übliche
Grafik beigesteuert, die die Heldenreise anschaulich erklären
würde. Der Leser muss sich mit dem Helden identifizieren, wird
behauptet. Muss er das? Ich finde Romanfiguren interessant, aber
mich mit ihr identifizieren? Selten. Auch hier wieder Fachbegriffe,
wie »Hook«, die nicht erklärt werden.
»Höhepunkte sind wie kleine Geschenkpakete an den Leser … Es ist
wie bei einem Gewinnspiel, täglich gibt es ein Überraschungspakt zu
gewinnen.«
Ach nö! Ja haben wir denn schon Weihnachten? Das wirklich
Grundlegende zum Spannungsbogen fehlt, ärgerlich. – Nein. – Seite
199, wird es nachgeholt, noch mehr ärgern, weil man sich fragt,
warum alles zerstückelt ist. Über das Thema Stil wird eine halbe
Seite reflektiert, mit dem Ergebnis, dass man (wer auch immer das
sein soll?) sich über guten Stil nicht einig ist? Uff. Also schreiben wir,
was wir wollen? Ich verstehe die Aussage nicht. Stil gehört für mich
mit zum wichtigsten Handwerkszeug eines Schriftstellers. Stillos ist
stillos. Wie schreibt / beschreibt man etwas? Kurzes Statement,
nicht für mich annähend befriedigend abgehandelt. Leider. Was ist
ein Satz, ein Absatz, ein Kapitel? Auf die Rechtschreibung soll man
achten. Braucht es diese Erklärung?
Kommen wir kurz zu den Tipps (die auf dem Cover erwähnt
werden) der Autoren, die mehrheitlich Autorinnen sind. Sie werden
zwischendurch eingestreut. Es sind persönliche Statements (1-3
Sätze) von KrimiautorInnen zum eigenen Schreiben. Der Name der
AutorInnen wird genannt, ein Buchtitel (Sieht so aus, als wäre es ein
Zitat aus dem jeweiligen Buch. Ist es das?), dazu Verlag, ISBN und
die Website der AutorInnen. Das Ganze ist ziemlich groß
aufgemacht auf je einer Seite. Der Sinn hieraus erschließt sich mir
nicht, außer dem Werbezweck.
Fazit: Die ersten 100 Seiten sind persönlich, es wird über den eigenen
Werdegang der Autorin berichtet. Braucht es das in einem
Ratgeber? Geschmackssache. Als es dann wirklich an das Schreiben
ging, wurde ich zunächst sauer. Alles Thematische wird auf 1-3
Seiten angerissen, voller Fachbegriffe, unausgegoren. Spätestens
hier hatte mich die Autorin als Leser verloren. Das letzte Drittel hat
mich ein wenig versöhnt, hier wird endlich erklärt, worauf es
wirklich ankommt, auch wenn mir das zu mager ist. Warum wird
alles auseinadergepflückt? Vorn ein bisschen, hinten etwas mehr?
Am Ende gibt es ein paar gute Listen zur Protagonisten- und
Plotentwicklung, Literaturhinweise, wobei mir auch hier ein paar
wirklich wichtige Werke fehlen. Es geht auch hier nur ums
Schreiben, Fachliteratur speziell für Krimischreiber fehlt
(Kriminalistik usw.). Insgesamt ist mir das Buch ein wenig
durcheinandergeraten. Ein Krimi braucht eine penible Planung,
genau das kann man von diesem Buch nicht behaupten. Auch ist mir
das Buch als Schreibratgeber ein wenig zu ichbezogen gestaltet: Bei
mir sieht es so aus, ich mache das so … Schreiben ist ein kreativer
Akt, der individuell geprägt ist. Ein Grundhandwerkszeug braucht
jeder Handwerker, einen Plan, wie sein Werkstück später aussehen
soll. Das Werkzeug sollte in den Vordergrund gestellt werden. Wie
dann die Werkbank aussieht, das Handwerkszeug aufgestellt wird,
wie fein oder grob ein Plan gezeichnet wird, muss jeder mit sich
selbst ausmachen. Bei einem Ratgeber sollte sich meiner Meinung
nach der Autor ein wenig zurücknehmen, lieber die verschiedenen
Wege aufzeigen. Die verschieden Wege der Entwicklung eines Plots
haben mit gefehlt, Fachausdrücke wurden gesetzt, aber nicht
erklärt. Erzählstränge entwickeln, miteinander verbinden, so
genannte Hooks, Bomben usw., die den Krimi zum Krimi machen, die
verschiedenen Arten des Plottens, die Dramaturgie des Krimis hatte
ich erwartet. Es ist ein Buch zum Thema Schreiben, nicht speziell für
Krimiautoren. Leider fehlte genau Suspense!
Was ich mir gewünscht hätte: Anstatt des Werdegangs der Autorin
hätte ich mir in einem Krimi-Ratgeber die Entwicklung des Krimis in
der Literatur und seine Sub-Genre gewünscht. Die Unterarten des
Krimis werden hier lediglich kurz angeschnitten, wie irgendwie alles
nur angeschnitten ist. Für wen ist dieses Buch geeignet? Ganz
ehrlich, ich weiß es nicht. Das Buch liest sich gut, man ist schnell
hindurch und man erfährt sehr viel über Monika Mansour. Das ist
klasse. Ein Buch für ihre Fans. Ein Titel in Richtung: Mein Wagnis,
Krimis zu schreiben, wäre treffender gewesen.
Ich habe versucht, mich in junge AutorInnen hineinzuversetzen, die
gern einen Krimi schreiben und Handwerkszeug dazu in die Hand
bekommen möchten … Dafür ist mir das Buch zu durcheinander, zu
ichbezogen und letztendlich zu oberflächlich, zu wenig auf Krimi
fixiert. Ein erfahrener Autor, der das Genre wechseln möchte, der
wird wohl nichts erfahren, was er nicht schon vorher wusste.
Wer allerdings etwas über das Leben einer Krimiautorin und deren
persönlicher Arbeitsweise erfahren möchte, liegt richtig. Monika
Mansour hat sich das Schreiben hart erarbeitet, das Buch ist
authentisch und ehrlich, dafür Hut ab! Sie erklärt eindringlich, dass
es mit einer guten Idee lange nicht getan ist und dass man mit
Krimischreiben kein Millionär wird. Aber interessiert diese Art
Autobiografie-Leser danach der theoretische Teil? Nebenbei, die
Krimis von Monika Mansour kann ich absolut empfehlen, sie sind
spannend, realistisch, thematisch, fein geschrieben.
Ein Ratgeber, der gleichzeitig unterhaltend ist. Vielleicht funktioniert
es genau darum für mich nicht.
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Businessplan: Mord –
Erfolgreich einen Krimi
schreiben
von Monika Mansour
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