Autorin
Sabine Ibing
Der Anfang: »In jenen frühen Morgenstunden nahm Paolo Cesari die
Welt intensiver wahr als jemals zuvor. Die harzig duftende Macchia,
über die kürzlich der erste Regen niedergegangen war. Die
aufgeweichte Erde, die nach Oregano und Rosmarin roch. Sowie die
Kastanien, deren süßlich moderndes Laub an manchen
Stellen eine rutschige Bodenschicht gebildet hatte. »
Der Pariser Bestseller-Krimi-Autor, Eric Marchand, hat eine
Schreibblockade. Sein Lektor ist nicht ganz zufrieden mit dem neuen
Werk. Warum nicht Inspiration auf der Insel seiner Vorfahren
suchen? Das legendäre Korsika soll man angeblich am Geruch
erkennen. Und so empfängt ihn die Insel, mit Gerüchen, langsamen
Leben, netten Leuten. Und wie es bei Schriftstellern so ist, er ist
neugierig. Eric geht auf eine Beerdigung, ein Mann ist auf einer
Wildschweinjagd zu Tode gekommen. Zwischen den Trauergästen
scheint keinesfalls eitel Sonnenschein zu herrschen. Hat bei dem
Unfall jemand nachgeholfen? Chefinspektor Mahmoud Clément, von
der Police Nationale Ajaccio, ist neu auf der Insel. Alle stecken hier
unter einer Decke, denkt er. Verfeindet oder nicht, niemand redet,
niemand hat etwas gesehen, die Korsen sind ein eigenwilliges
Völkchen.
Eric lernt viel über Tradition. Er trägt ein Amulett, das etwas über
seine Vorfahren aussagt und das ihm eine Menge Ärger einbringen
wird. Er ist der letzte seines Stammes und dieser Stamm muss
ausgemerzt werden, so verlangt es die Tradition. Vendetta!
Vitu Falconi ist das Pseudonym von Thomas Thiemeyer. Schon wieder
ein Autor, der für eine neue Serie einen neuen Namen annimmt.
Man muss das nicht verstehen. Das hat er gar nicht nötig. In
wunderschönen Bildern wird der Leser durch die Insel Korsika
geführt, man kann die Gerüche direkt einatmen. Nutzpflanzen und
wilde Pflanzen, dichtes Gestrüpp ein Ort der ungezügelten Natur,
schroffe, massive Bergwelt mit Schluchten, Stränden. Thymian,
Beifuß, Oregano, Rosmarin und Lavendel, Mandeln, Feigen und
Kastanien, duftende Kiefern, der Autor nimmt uns mit in eine ruhige
Welt. Schon Napoleon sagte: »Ich könnte Korsika mit verbundenen
Augen am Duft erkennen.« Doch dieser Traum ist schnell
ausgeträumt. Eric wird mit alten Traditionen konfrontiert, auch
denen der Blutrache, er selbst ist das Opfer. Was hat er mit alten
Geschichten zu tun, mit Taten seiner Großväter und Urgroßväter?
Tradition als Segen, als Bodenständigkeit, oder als Fluch, haben
solche Dinge in der aufgeklärten modernen Welt noch Platz? Fein
recherchiert zeigt Thomas Thiemeyer auf, was uns heute auf der
einen Seite fehlt, was uns ausmacht, uns aber gleichzeitig
abschreckt. Der Krimi geht ruhig an und nimmt langsam Fahrt auf,
bis man zum Ende die Luft anhält. Ein gefälliger Roman, genau die
richtige Urlaubslektüre, ob als Buch oder Hörbuch. Der Krimi macht
neugierig auf Korsika … solange man keine korsischen Verwandten
in seiner Linie zu verzeichnen hat.
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Rezension
Das korsische Begräbnis
von Vitu Falconi
Sprecher: Sascha Rotermund
Ungekürztes Hörbuch, Spieldauer: 10
Std. und 59 Min.