Autorin
Sabine Ibing
Der erste Satz: »Ende Dezember 1999 ging eine überraschende
Reihe tragischer Ereignisse auf Beauval nieder, darunter an
erster Stelle natürlich das Verschwinden des kleinen Rémi
Desmendt.«
Die Geschichte ist in drei Teile gegliedert, wobei Teil eins
dreiviertel des Buches einnimmt. Antoine, zwölf Jahre alt,
erschlägt in Wut den achtjährigen Rémi mit einem Ast, versteckt
die Leiche in einem Loch, das durch einen entwurzelten Baum
entstanden ist. Antoine ist wie betäubt, er wollte Rémi nicht töten
und nun hat er Angst, entdeckt zu werden, leidet Höllenqualen.
Der tote Junge wird überall gesucht, Taucher fahnden im Teich,
Suchtrupps mit Hundestaffeln werden losgeschickt, den Wald zu
durchkämmen.
»Sie haben zuerst Guénot verhaftet und ihn dann wieder laufen
lassen, aber sie behalten ihn im Auge, das kannst du mir
glauben. Der ist schwul, eindeutig.«
Verdächtige werden festgenommen. Ein schlimmes Unwetter mit
Sturm und Hochwasser bricht die Ermittlung ab. Der Junge bleibt
verschwunden. Aber in Antoine steckt die Schuld, die ihn nie
wieder loslassen wird. Fein herausgearbeitet wird hier der Kreis
der Verdächtigen: Der vermeintlich Schwule, der sich bestimmt
an Kindern vergeht und einer, der Frankenstein von den
Kindern gerufen wird. Wer so aussieht, ist zu allem fähig.
Dorftratsch und -klatsch, der Zusammenfall der Familie des
toten Kindes wird gut dargestellt. Für Antoine umso schlimmer,
da es die Nachbarn sind, denen man Trost spenden muss.
»Die Fenster vibrierten hinter den Läden, der Wind fuhr
wummernd in den Kamin. Er empfand eine wirre Parallele
zwischen der Lage des Hauses, das im Sturm zitterte, und seinem
eigenen Leben.«
Kapitel Jahr 2011 ist kurz und Kapitel Jahr 2015 besteht nur aus ein
paar Seiten. Und genau hier wird es ein klein wenig unlogisch. Ich
will nicht spoilern. Aber die Tat ist eben juristisch gesehen ein
Unfall mit Todesfolge, längst verjährt, und ein Arzt sollte wissen,
dass die DNA eines Vaterschaftstests nicht an die Polizei
gegeben wird, die Proben werden nach der Analyse vernichtet,
dass der Mord verjährt ist. Ein feines Buch an sich. Wenn aber
ein Plot so endet, dass ein Protagonist völlig unlogisch handelt,
dann haut es mir immer die Füße weg. Ich frage mich warum?
Gutes Buch und am Ende reicht es auf den letzten Seiten nicht.
Schade. Insgesamt gesehen mochte ich den Roman. Es geht um
Schuld und Sühne, inwieweit besteht eine Schuld für eine Tat, die
ein Kind begonnen hat (In Frankreich gibt es kein
Jugendstrafrecht, allerdings verjährt dafür z.B. Mord). Inwieweit
beeinflusst die Schuld, in diesem Fall auch die Angst, den
Lebensweg? Insgesamt ein Roman, der sich lohnt.
Pierre Lemaitre, erhielt diverse Auszeichnungen, unter anderem
den"Prix Goncourt”.
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Rezension
Drei Tage und ein Leben
von Pierre Lemaitre