Autorin
Sabine Ibing
Der Anfang: »Er schwitzte. Der Kragen seiner Uniform scheuerte an
seinem Hals. In den Fingern hatte er kein Gefühl mehr.«
Der Verlag wirbt mit Kopfkino und Spannung und die ist für mich auf
jeden Fall garantiert.
Ein Polizist steht in Duisburg auf einer Brücke, will in den Rhein
springen. Der Polizeiseelsorger Martin Bauer redet mit ihm, springt
selbst (er kann nicht richtig schwimmen), damit der Polizist, Walter
Keunert, ihn rettet. Der Geistliche ist sich sicher, es war seitens
Keunerts kein ernsthafter Versuch sich umzubringen. Doch am
Abend ist der Polizist tot, Suizid durch Sprung vom Dach. Für die
Polizei ist alles klar, für den Seelsorger nicht. Der ermittelt nun auf
eigene Faust.
Bauer ist ein Mann, für den die eigenen Regeln zählen und als Pfarrer
hat er sich nicht geeignet, da er die kirchlichen Riten als Firlefanz
empfindet, Kirchenbasare und Ähnliches nichts für ihn sind. In seiner
Zwiesprache mit Gott ist er gefestigt, auch wenn er manchmal an ihm
zweifeln möchte. Natürlich eckt er auch in der Polizei an, da er sich
an keine Regeln hält. Im Präsidium läuft das Gerücht herum, der
verstorbene Keunert sei korrupt gewesen. Ist etwas dran? Musste er
deswegen sterben? Und was hat die Ehefrau von ihm zu verbergen,
die gern auf hohem Fuß lebt. Und Tilo, der Sohn der beiden, der den
Vater verehrte, scheint abzugleiten in seinem Schmerz. Bauer
kümmert sich. Bauer ermittelt.
»Er hatte Tilos Vater wirklich alles genommen: Die Frau, das Leben,
die Ehre.«
Die Ermittlungen von Bauer enden immer wieder im Rotlichtmilieu bei
einer bestimmten Person. Welche Verbindung hat Keunerts Frau zu
ihm?
Parallel läuft der Handlungsstrang von rumänischen Prostituierten.
Tote Nutten, Zwangsprostitution, korrupte Politiker und Polizisten,
kein neues Thema.
»Valeriu und Radu würden sie finden. Sie würden ihm Lacrimas iPhone
zurückbringen. Genau zu diesem Zweck schenkte er den Mädchen
das iPhone schließlich, nachdem sie Radus Sonderbehandlung und die
ersten Tage im Job überstanden hatten. … Meist waren sie
überrascht und dankbar. Dass er über das Smartphone jederzeit
ihren Aufenthaltsort feststellen konnte, kam ihnen nicht in den Sinn.«
Die Grammatik ist nicht ganz rein und manchmal waren die Sätze arg
einfach gestrickt, aber passend zu der manchmal klischeehaften
Beschreibung der Charaktere und der Grundstory. Die Autoren
stricken eine spannende Story zusammen, verschiedene
Handlungsstränge führen am Ende zusammen. Martin Bauer hört
man nicht fluchen, wie manch anderen Kommissar. Er bringt gern
Bibelzitate an den Mann. Pater Brown oder Pfarrer Senner direkt bei
der Polizei. Zumindest hier wurde von den üblichen Ermittlern
Abstand gehalten. Martin Bauer hat sein Büro in der Polizeidirektion,
zum Teil erteilt man ihm Akteneinsicht, und natürlich hat er seine
Helfer vor Ort, darf aber nicht ermittelnd tätig sein. Die Figur hat den
Vorteil, nicht als Polizist auf die Sache herabzublicken, sondern die
Menschen dahinter zu sehen, sich in ihr Haus Zutritt zu verschaffen,
sie in Gespräche zu verwickeln, die von der Sachlichkeit des Verhörs
abweichen, in die seelische Betreuung übergehen und so eine
andere Sicht der Dinge offenlegen. Bauer, der Mann des Vertrauens,
der dem Beichtgeheimnis untersteht?
»›Fragen Sie wegen dem Beichtgeheimnis?‹ Zabels Miene blieb
ausdruckslos. ›Katholisch oder evangelisch?‹ – ›Evangelisch. Aber
das Seelsorgegeheimnis gilt für mich genauso wie für einen
katholischen Kollegen. Und die Beichte gibt es auch in unserer
Kirche.‹«
Martin Bauer ist ein Getriebener, er will keine Seele verlieren, hat ein
Gespür dafür, auf wen er ein Auge halten muss, um ihn nicht zu
verlieren. Dabei kann man schnell sein Privatleben verlieren,
anrollende Katastrophen ignorieren. Und wenn man entscheiden
muss, ein Leben zu retten oder die Tochter vor dem Knast, die Frau
mit Faust in der Tasche neben einem steht, dann wird es auch für
Bauer eng. Die Klienten danken es in der Regel wenig, wenn ihnen
Bauer mal wieder auf die Nerven geht.
Kein sensationeller Krimi, aber nett zu lesen zur puren Unterhaltung:
spannender, glaubhafter Plot, perfekt durchorganisiert. Aber genau
diesen Stoff haben wir bereits 100 Mal gelesen, gesehen, der Stoff
aus dem die Fernsehkrimis bestehen. Man merkt letztendlich, dass
hier Drehbuchschreiber am Werk waren: Action, Action, was
allerdings zur Verflachung von Thema, Story und Sprache führt. Die
Autoren sind zwei Kölner Drehbuchautoren. Sie schreiben seit 20
Jahren im Team. Sie lernten sich beim TV kennen. Reiter arbeitete als
Scripteditor einer Daily Soap, war für die Dialoge zuständig, während
Gallert als Storyeditor an den größeren Zusammenhängen der
Geschichten arbeitete. Seit dieser Zeit arbeiten sie im Team. Soaps,
Krankenhausserien, Crime, alles war dabei. »Die Stoffe, die uns am
Herzen lagen, waren den TV-Entscheidern immer zu gewagt, zu neu,
zu irgendwas“, berichtet Gallert in einem Interview. Wer schlicht gute
Unterhaltung für den Urlaub sucht, liegt mit diesem Krimi richtig.
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Glaube – Liebe – Tod
von Peter Gallert und Jörg Reiter