Autorin
Sabine Ibing
Washington, D.C., 1968, die Zeit der Bürgerrechtsbewegung in den USA.
Derek Strange, Sohn einer Putzfrau und eines Kochs eines Diners,
beschließt schon früh, Polizist zu werden. Und er gehört zu den ersten
schwarzen Cops. Unter den Farbigen als oft Verräter angesehen, unter
den Weißen schräg beäugt, von Kollegen nicht anerkannt, versieht er
seinen Dienst. Sein älterer Bruder Dennis, fasziniert von Martin Luther
King, vertrödelt seine Zeit, hängt mit einer weißen Gang ab. Diese weißen
Jungs (Dennis ist nicht dabei) fahren im berauschten Kopf mit Absicht
einen farbigen Jugendlichen platt. Frank Vaughn, ein Kollege von Derek
muss ermitteln. Auf der einen Seite ist er halbseiden, treibt sich mit
Nutten herum, lässt seine Frau allein zu Hause, auf der anderen Seite ist
er ein gerechter Cop, schwarz oder weiß, er macht keinen Unterschied.
Dennis kommt zur Vernunft, als er mitbekommt, dass seine Gang einen
Lebensmittelhändler überfallen will. Am Monatsanfang nämlich bezahlen
alle Leute im Viertel dort ihre Schulden ab, lassen danach wieder
anschreiben bis zum nächsten Monat. Dennis will nicht mitmachen. Aber
die Gang hat auch noch ganz andere Überfälle vor. Und plötzlich ist
Derek tot, ermordet. Frank Vaughn hat die Gang im Visier und auch
Derek ermittelt. Martin Luther King wird ermordet und in Washington
bricht in den schwarzen Vierteln die Hölle los …
Der Roman wird als Krimi ausgewiesen. Das ist er für mich nicht im
klassischen Sinn, eher ein Gesellschaftsroman, denn Frank und Derek
ermitteln, jeder für sich, aus eigenen Motiven, niemand erwartet
ernsthaft, dass jemand die Mörder von Farbigen verhaftet. Und die
Ermittlung ist auch nicht Thema dieses Romans, sie läuft irgendwie im
Hintergrund. Letztendlich geht es um die Ausgrenzung von Farbigen und
deren Rechten.
»›Xavier Cugat spielt im Casino Royal.‹ – ›Zum Teufel mit dem.‹ – ›Abbe
Lane ist auch auf dem Plakat.‹ – Okay Püppi. Wir werden sehen.‹«
Das Buch liest sich manchmal ein wenig sperrig. Der Roman ist
vollgestopft mit geschichtlichen Eckdaten, was den Storyverlauf ein
wenig bremst. Immerzu wird man bombardiert mit uralten Songs, die mir
überhaupt nichts sagten, Derek steht auf Motown-Musik, die zu der Zeit
auch schon nicht mehr in war. Hinzu kommt, jedes Ding wird mit
Markennamen benannt, Ausschnitte aus Filmen und TV-Shows
aufgezählt. Wer auf alte Autos ins Detail steht, wird sich freuen, mir war
das alles im Detail zu unterbrechend.
»Zweihundert Erwachsene und Jugendliche waren festgenommen
worden. Bei Zweihundert Geschäften hatte man die Fensterscheiben
eingeschlagen, und die meisten dieser Geschäfte waren geplündert
worden. Die Feuer hatten viele Gebäude zerstört.«
Die Gang fühlt sich selbstbewusst unschlagbar und sch… auf alles,
nimmt sich alles heraus. Auf eine gewisse Art und Weise macht das auch
Frank, der aufrechte Cop. Derek steht für den echten Aufrechten, den
Saubermann, die ganze Familie. Denn letztendlich wird auch Dennis kein
Gangster, was ihn den Hals brechen wird. Der Vater ein schuftender
Koch, die Mutter eine Haushaltshilfe, die unter anderem bei Frank, dem
Cop, arbeitet, von ihm hoch geachtet wird. Sie könnte mehr Lohn
verlangen, viel mehr, so wie die anderen. Sie macht es nicht, weil sie
dann mehr als ihr Mann verdienen würde und seinen Stolz möchte sie
auf keinen Fall verletzen.
Rassendiskriminierung überall, es brodelt im Topf der Gesellschaft, bis
die Situation überkocht. George Pelecanos trifft die richtige Atmosphäre,
Seite für Seite braut sich etwas zusammen. Die Charaktere sind glänzend
gezeichnet. Ein Abriss der amerikanischen Gesellschaft um die Zeit von
Martin Luther King. Ein guter geschichtlicher Roman, aber kein Krimi,
schon gar nicht die Lösung der Fälle …
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