Autorin
Sabine Ibing
»Die Gravitation war ein Gesetz, das durch nichts gebrochen werden
konnte. So auch die Rekursion! … ein neu entdecktes Gesetz des Lebens
auf Erden … Rekursion! … eine dieser Erkenntnisse, die einen Denker
auf ein Plateau des Olymp erheben können … neben Newton,
Kopernikus, Galilei, Darwin, Einstein und Noam Chomsky.«
Ich hatte mir etwas anderes unter diesem Buch vorgestellt. Wenn man
etwas anderes erhält, als das, was man erwartete, es trotzdem gut
findet, dann muss es brillant sein. Im Großen und Ganzen geht es um in
diesem Buch um die Entwicklung der menschlichen Sprache. Sprache
unterscheidet den Menschen vom Tier. Wieso kann der Mensch
sprechen, sich sogar schriftlich ausdrücken? Warum ist er das einzige
Lebewesen mit dieser Fähigkeit und wo steckt in der
Evolutionsgeschichte der erste Schritt zur Sprache? Das Buch beginnt
sogleich mit der Antwort, Anstoß für dieses Buch.
»Wie es aussah, verkündeten hier acht schwergewichtige
Evolutionsforscher – Linguisten, darunter ein ›Computerlinguist‹,
Biologen, Anthropologen, dass sie sich geschlagen geben, das Handtuch
warfen, einknickten, kniffen angesichts der Frage, wie Sprache
entstand und wie sie funktioniert.«
Forscher widmen sich diesem Thema seit über 150 Jahren, von Darwin
bis Chomsky. Tom Wolfe geht diesen Theorien auf den Grund, auf den
Grund des Scheiterns. Wenn hier jemand ein langweiliges Sachbuch
erwartet, dann kennt er Tom Wolfe nicht. In seiner sarkastischen Art
plaudert er über das Thema und sich damit befassende
Wissenschaftler, die sich bis aufs Messer gegenseitig bekämpften.
Immer druff auf die anderen, um die eigenen Unzulänglichkeiten zu
kaschieren, bzw. eitel sich selbst nie in Frage zu stellen, scheint hier die
Devise zu lauten. Ist dieses Buch ein Sachbuch? Nicht ganz, dafür ist es
zu verplaudert, zu sehr fixiert auf Noam Chomsky, mit dem Wolfe
anscheinend irgendeine Rechnung offenstehen hat. Amüsant ist es auf
jeden Fall, auch gut recherchiert. Wenn es gegen Chomsky und Darwin
geht, gleitet der Text gern ins Polemische.
»Gentlemen wie ... Darwin betrachteten Fliegenfänger nicht als
naturforschende Kollegen, sondern als Lieferanten auf der Stufe von
Farmern und Cottage-Webern. Allein schon der Gedanke, seinen
Lebensunterhalt verdienen zu müssen, geschweige denn als
malaiischer Insektenhändler, reicht aus, um Juckreiz und manisches
Kratzen bei einem Gentleman auszulösen.«
Charles Darwin oder Alfred Wallace, wer hat die Evolutionstheorie
entwickelt? Es waren beide. Wallace, sendete seine genialen Gedanken
zum Thema an Darwin, um mit ihm eine Idee zu besprechen, die seinen
Naturbeobachtungen als Biologe entstammten. Darwin aber,
veröffentlichte diese Gedanken als die seinen und erntete weltweit
großen Ruhm, erwähnte dann später den Urheber Wallace und wollte
sogar freiwillig das Urheberrecht abtreten. Darwin wird von Wolfe
zunächst als Dieb dargestellt. Da sollte er die Kirche im Dorf lassen.
Denn Wallace verehrte Darwin deshalb, weil dessen Gedanken über die
Arterhaltung in ähnliche Richtung ging.
Daniel Everett forschte im brasilianischen Urwald, stieß auf den Stamm
der Pirahã, dessen Sprache keine Grammatik beinhaltete, keine Zahlen
und Farben enthielt. Damit widerlegte er die Theorie des Linguisten
Chomsky, der der Meinung war, Grammatik sei beim Homo sapiens
angeboren und unterscheide den Menschen von Tier. Chomsky
ignorierte diese Entdeckung, zunächst. Später fuhr er großes
scheinwissenschaftliches Geschütz auf, um den Widersacher mundtot
zu machen, so Wolfe.
»Er ist niemals outdoors, außer um zum Flughafen zu fahren und von
dort zu andern Universitäten zu fliegen, auf dass man ihm die
Ehrendoktorwürde verleihe ... mehr als neununddreißig nach letzter
Zählung.«
Everett ist für Wolfe ein echter Feldforscher mit akademischem Grad,
Chomsky ein Pseudowissenschaftler, ohne universitäre Ausbildung, der
noch nie im Dreck gewühlt hat. Diese elitäre Haltung Wolfs verwundert,
da er ja gerade Darwin sein Gentlemangehabe gegen den hart
arbeitenden Habenichts Wallace vorwarf.
»Die Sprache ist unser Rubikon, und kein Tier wird wagen ihn zu
überschreiten.«
Darwin glaubte, dass Sprache sich aus Lauten entwickelte, wie sie den
Tieren eigen ist. Max Müller, ein britischer Sprachwissenschaftler, regte
sich 1861 darüber auf, tat diese Theorie als Kalauer ab.
Viel wurde über den Ursprung der Sprache geforscht, Wolfe zählt
amüsant die Thesen und Antithesen auf, den Kampf um die Eitelkeit,
recht zu haben. Hat er selbst eine Idee? Nein. Und damit sind wir am
Anfang des Buchs angekommen.
zeitgenössische Romane
Krims und Thriller
Historische Romane
Fantasy, Fantastic, SciFi, Utopien Dystopien
Sachbücher (für jedermann)
Kinder- und Jugendliteratur
Bücher, die mir selbst gut gefallen haben
Sachbücher
Rezension
Das Königreich der Sprache
von Tom Wolfe