Autorin
Sabine Ibing
»Vernon schläft dort schon eine Weile, er könnte nicht sagen, ob seit
zehn Tagen oder einem Monat – sein Zeitgefühl ist ihm
abhandengekommen, wie alles andere.«
In Band 1, den man lesen sollte, um Band 2 zu verstehen, wurde Vernon
obdachlos. Früher besaß er das angesagteste Schallplattengeschäft von
Paris. Er war mit dem Popstar Alex Bleach befreundet. Aber das ist
Geschichte. Alex ist verstorben (er hatte Vernon die Miete für Wohnung
und Laden, sowie den Lebensunterhalt bezahlt), Vernon hat die Neu-Zeit
vertrödelt, sein Geschäft ist pleite, nach Alex Tod ist er obdachlos. In
Band 1 schnorrt er sich durch die Bekanntschaft, wohnt hier und dort,
lässt etwas mitgehen, oder macht sich sonst irgendwie unbeliebt. Band
zwei knüpft hier an. Er hat es sich mit allen verscherzt, wohnt nun auf
einer Parkbank in den Buttes Chaumont, in Paris seine neuen »Freunde«
gehören einem anderen Milieu an. Er, der waschechte Franzose, kommt
mit einer neuen Welt in Verbindung. Clochards und Aufpasser,
Parkwächter:
»Ein junger Schwarzer mit feinem Gesicht, der ihn hasserfüllt angestarrt
hat. ›Zisch ab hier! Die Leute haben keine Lust, morgens deine dreckige
Faulenzerfresse zu sehen. Mach, dass du wegkommst.‹«
Sehr amüsant liest sich bereits der vorgestellte »Index der Personen aus
dem ersten Band«. Man erinnert sich: »Laurent Dopalet. Produzent.
Achtung: gemeingefährlich …« Vernon besaß Videokassetten, die Alex
Bleach von Drogen vernebelt in einem Selbstinterview zeigen. Die
Aufnahmen liegen nun bei irgendeinem von Vernons Freunden in einer
Plastiktüte, und sie sind viel wert. Die Hyäne, Privatdetektivin, spezialisiert
auf Cybermobbing soll sie für den Produzenten Laurent Dopalet
aufspüren.
Den Freunden von Vernon tut es irgendwie leid, dass sie den Mann der
Reihe nach vor die Tür setzten. Sie halten Kontakt über Facebook und
gründen eine WhatsApp-Gruppe, suchen nach ihm. Ein Café, das »Rosa
Bonheur«, wird später der Angelpunkt, an dem man sich trifft, neue und
alte Freunde von Vernon, Menschen aus allen Klassen Schichten.
»Er liebte dieses Land bis zum Wahnsinn. Schulen, die sauberen Straßen,
das Eisenbahnnetz, die unmögliche Rechtschreibung, die Weinberge, die
Philosophen, die Literatur und die Institutionen. Aber die Franzosen um
ihn herum leben nicht mehr in dem Frankreich, das ihn so begeistert. Sie
leiden.«
Zu den gesamten Figuren des ersten Teils, die mehr oder weniger der
Künstlerszene zugeordnet werden können, gesellen sich nun ein paar
Gestalten der unteren Klasse. Sie alle scharren sich um den
charismatischen Vernon, feiern ihn wie einen Guru. Ist Alex wirklich
freiwillig aus dem Leben geschieden? Vodka Satana, hat die jemand auf
dem Gewissen? Todesfälle, die zu klären sind …
»Allmählich hat er sich an die Situation gewöhnt und begriffen, was er mit
diesem Geld machen würde: nichts. Zuerst war er total baff, aber nach
einigem Nachdenken fand er sein Leben das Beste, das man führen
konnte. Er würde es fortsetzen, nur in besser.«
Die Freunde reisen am Ende gemeinsam in Europa herum, führen ein
Hippieleben, Vernon legt dazu die Scheiben auf, Wave, Grove, die Welt
kann so schön sein. Witzige Dialoge, ein Bild quer durch die Gesellschaft,
Meinungen prallen aufeinander, Menschen nähern sich an. Wie im ersten
Band nimmt die Autorin die heutige Gesellschaft auf den Arm. Nicht jeder
ist das, was was er nach außen zeigt und manch einer wandelt sich im
Laufe der Zeit. Die Figuren sind stimmig, fein herausgearbeitet. Virgine
Despentes besitzt eine gute Beobachtungsgabe für Menschen, bringt ein
stimmiges Gesellschaftsbild herüber. Die Geschichte in diesem Buch ist
reine Nebensächlichkeit, es geht um die Menschen, ihre Gedanken,
wandelbare Zeiten, sich zurechtzufinden. Insgesamt gesehen hat mir
der Roman gefallen, aber der erste Teil war spannender, humorvoller,
hatte mehr Biss. Der zweite Teil ist empfehlenswert, dümpelte ein wenig
vor sich hin, kommt an den ersten Teil nicht heran.
Virgine Despentes ist in Frankreich sehr berühmt als Schriftstellerin, bei
uns bekannt durch ihre »Skandalbücher« »Baise-moi – Fick mich«,
»Apokalypse, Baby« und »King Kong Theorie«. Die Vernon-Subutex-
Romane waren in Frankreich Riesenbestseller und werden gerade als
Serie fürs Fernsehen verfilmt. Despentes war mehrfach für den Prix
Goncourt nominiert.
Teil 1:
Das Leben des Vernon Subutex von Virginie Despentes
zeitgenössische Romane
Krims und Thriller
Historische Romane
Fantasy, Fantastic, SciFi, Utopien Dystopien
Sachbücher (für jedermann)
Kinder- und Jugendliteratur
Bücher, die mir selbst gut gefallen haben
zeitgenössische Romane
Rezension
Das Leben des Vernon
Subutex 2
von Virgine Despentes