Autorin
Sabine Ibing
Gerade heute habe ich in der Zeitung gelesen, dass 80% der Insekten auf
der Welt verschwunden sind. Schuld ist der Mensch. Was passiert mit der
Erde, wenn die Bienen sterben?
»Wir müssten alle arbeiten, lautet die Parole, um uns zu ernähren, damit
die Nahrung angebaut werden könne, von der wir lebten. Alle sollten
einen Beitrag leisten, selbst die Kinder. Wer brauche schon Bildung, wenn
die Kornvorräte zur Neige gingen? Wenn die Rationen jeden Monat
schrumpften.«
Mit dieser Geschichte beginnt der Roman. Szechuan im Jahr 2098. Die
Bienen sind ausgestorben, und die Menschen müssen jährlich die Blüten
mit dem Pinsel bestäuben, dazu auf Bäume klettern. Eine harte Arbeit
beginnt, jede einzelne Blüte ist wertvoll. Tao und ihr Mann sind Arbeiter,
die ein karges Leben fristen, ihr Sohn, der fünfjährige Wei-Wen ist noch
bei ihnen, bald wird der Staat die Erziehung vollends übernehmen. Die
Bestäubungszeit ist vorbei, die Arbeiter dürfen einen freien Tag
verbringen. Die Familie geht hinaus ins Grüne. Plötzlich wird Wei-Wen
ohnmächtig. Die Ärzte nehmen ihn mit und die Familie hört nichts mehr von
dem Jungen, angeblich sei er in der Hauptstadt in einem Krankenhaus.
Tao macht sich auf den Weg nach Peking. Sie ist entsetzt. Die Stadt ist fast
verlassen, gleicht einer Geisterstadt.
»Ich fing mit Skizzen an, leichte Kohlestriche auf dem Papier, ungenauer
Größenangaben, … und allmählich nahm er vor meinen Augen Form an,
wurde deutlicher, die Striche wurden präziser, die Maße genauer. Und
endlich, am 21. Tag, war der Bienenstock fertig.«
England 1852, William, ein Biologe, hat sich in Depression verfangen, liegt
dauerhaft im Bett. Eines Tages gibt er sich einen Ruck, steht auf, überlegt
sich, einen ertragreichen Bienenstock zu entwickeln. Wie überlistet man
die Bienen, noch mehr Honig zu produzieren? Nach ersten Erfolgen endet
sein Versuch im Supergau. Nicht nur für ihn persönlich, der sich seine Idee
hat klaue lassen.
»Ich blieb sitzen und betrachtete die Bienen, ihre Ausdauer, ihr ewiges Hin
und Her, sie befanden sich niemals im Stillstand. Nicht, ehe ihre Flügel
rissen.«
2007, Ohio, der Imker George verdient sein Geld mit Bienen, sie auf Felder
zu stellen, damit seine Insekten den Farmern die Ernte bestäuben. Er
arbeitet nur mit Standard-Beuten, nur mit Farmern, die ohne Chemie
düngen, keinen Pflanzenschutz versprühen. Konkurrenten sind
erfolgreicher, denen sind die Bienen egal. Aber auch bei George bahnt
sich eine Katastrophe an. Die Autorin verweist hier auf das amerikanische
»Colony Collapse Disorder«, das Anfang der Jahrhundertwende stattfand.
In den USA starben plötzlich sehr viele Bienen.
Drei Familien, drei Geschichten zu verschiedenen Zeiten, auf drei
verschiedenen Kontinenten, abwechselnd in Ichform berichtet. Die
Erzählungen der drei Familien verbindet verschiedene Ebenen: sie
arbeiten mit, bzw. wie Bienen, Mensch und Natur in Disharmonie.
Außerdem hat jede Story einen Generationskonflikt, eine Eltern-Kind-
Beziehung inne. Keiner der Protagonisten ist wirklich sympathisch,
vielleicht Tom, den sein Vater George für abgehoben und faul hält, weil er
nicht Imker werden will, sondern Schriftsteller, den er mit dem Gürtel
verprügelt. Thomas Savage wird später ein Buch über die Erkenntnisse
von Generationen von Imkern schreiben: »Der blinde Imker«. Er berichtet,
was Bienen zum Sterben bringt, Umwelteinflüsse, Einmischen des Imkers,
er erklärt, wie eine Beute auszusehen hat.
Am Ende gibt es Hoffnung. Drei Geschichten, abwechselnd erzählt,
spannend und gleichzeitig erschütternd. Der Mensch hat es in der Hand.
Ausbeutung von Tieren, Umweltverschmutzung, Pestizide, Erderwärmung,
Gentechnik und Monokulturen. Wie wollen wir unseren Kindern die Erde
übergeben? Wie sieht eine Welt in der Zukunft aus? Alles hängt
zusammen und ein kleines Insekt bedeutet alles! Ein wundervoller Roman,
eine Geschichte, die jeden von uns etwas angeht.
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Rezension
Die Geschichte der Bienen
von Maja Lunde
ungekürztes Hörbuch,
Gesprochen von: Bibiana Beglau , Markus
Fennert ,Thomas M. Meinhardt
Spieldauer: 12 Std. 52 Min.