Autorin
Sabine Ibing
Bücher, die mir selbst gut gefallen
haben
Krimis / Thriller
Rezension
Die schützende Hand
von Wolfgang Schorlau
»Wie wenig souverän und wie sehr fremdbestimmt das Land ist, in dem
ich lebe.«
In diesem Krimi geht es letztendlich um den deutschen Staat, um eine
zweite Macht im Staat, den Geheimdienst, die Verstrickungen in die
USA. Ausgehend von der NSU-Gruppe recherchiert Wolfgang Schorlau
durch seinen fiktiven Privatdetektiv Georg Dengler, der den Auftrag
erhält, herauszubekommen, wer am 4.11.2011 Uwe Mundlos und Uwe
Böhnhardt getötet hatte. Beate Zschäpe, die Dritte des Trios, wurde am
selben Tag verhaftet, schweigt bis heute. 27 Straftaten werden der
Gruppe zur Last gelegt, Morde an Migranten aus Hass. Uwe Mundlos
und Uwe Böhnhardt sollen Suizid begangen haben. Massenhaft
infiltrierte V-Leuten im rechten Milieu des Trios lässt eine enge
Verbindung zum deutschen Geheimdienst naheliegen. In elf
Untersuchungsausschüssen in Bundestag und Landtagen sind
erhebliche Zweifel an der offiziellen Version der Polizei zu den
angeblichen Selbstmorden entstanden. Journalisten deckten jede
Menge Unstimmigkeiten auf. Warum schweigt Zschäpe? Würde sie
anfangen zu berichten, könnte sie damit ihr Todesurteil fällen?
Georg Dengler ermittelt, akribisch, trägt zusammen mit Helfern und
Helfeshelfern. Auch einige Leute bei der Polizei möchten wissen, was
passiert ist, besorgen Dengler Unterlagen. Gefälschte Protokolle,
verschwundene Asservaten, Unterlagen unter Verschluss, Dengler hat
es nicht einfach.
Der Krimi schlängelt sich an den realen Ereignissen, Personen und
Unstimmigkeiten entlang. Was ist real, was Fiktion, was
Verschwörungstheorie? Man fragt sich, warum hat Schorlau kein
Sachbuch geschrieben? In der Fiktion hat man die Möglichkeit, Dinge
zusammenreimen, die offensichtlich auf der Hand liegen. Am Anfang
und am Ende wird explizit darauf hingewiesen, dass dieses Buch
lediglich ein Krimi ist. Vielleicht hat Schorlau bei seinen Recherchen die
ein oder andere Wahrheit aufgedeckt, darf sie nur nicht offen
aussprechen ... Der Leser muss sich selbst ein Bild machen, ein schöner
Schachzug.
Neben der NSU-Gruppierung berichtet der Autor hier über die
Entstehung des Geheimdienstes nach dem 2. Weltkrieg, über Gehlen,
den Geheimdienstchef von Adolf Hitler, der mit den Amerikanern
zusammen die Gruppe Gehlen bildete, eine Gruppe von Altnazis, die
später in BND umgetauft wurde. Der Autor versucht zu erklären,
warum es in der ehemaligen DDR so viele rechte Gruppen gibt und
warum es eine Verfilzung zwischen Rechts und BND gibt. Hat unser
Geheimdienst gemordet, Morde in Auftrag gegeben? In wieweit sind
die Amerikaner involviert? Hier wurde nichts verschlampt, mit Absicht
wurde viel vertuscht, das sollte jedem klar sein. Wieso konnte das
angeblich gesuchte NSU-Trio so lange untertauchen? Die Frage stellt
man sich schon lange. Wer ist Schuld an den »Dönermorden« und wie
sind Mundlos und Böhnhardt wirklich gestorben? »Die schützende
Hand« wird weiter gehalten werden und wahrscheinlich werden wir die
Wahrheit nicht erfahren. Wir können uns aber Gedanken machen,
Schorlau kann uns dabei behilflich sein. Schon allein dafür lohnt sich
die Lektüre dieses Krimis. Nebenbei ist es auch ein spannendes Buch,
reine Fiktion ... Nach 1946 hängt alles zusammen, Geheimdienste und
vieles mehr, Schorlau trägt ziemlich dick auf und das ein oder
andere ist nicht von der Hand u weisen. Hier geht es nicht nur um
die NSU, sondern um internationale Verflechtungen.
Wiedererlangung Souveränität für den deutschen Staat nach 1945,
Wiedervereinigung, was mussten wir dafür bezahlen? Big brother
is watching you. Dabei war Merkels Handy nur Peanuts.
Kleine Randgeschichten amüsieren oder erschrecken. Der Autor
spannt den Bogen ziemlich breit. Dabei geht leider die rechte Szene
etwas verloren. Sicher sind einige der Gedankengänge in diesem
Roman Spekulation, andere sicher wert, darüber nachzudenken. Wer
sich für das politische Geschehen interessiert, der kommt an diesem
Buch nicht vorbei.
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