Autorin
Sabine Ibing
Bücher, die mir selbst gut gefallen
haben
Krimis / Thriller
Rezension
Marie spiegelt sich
von Isabella Archan
Der erste Satz: »Sterne, denkt Es.«
Es entführt ein Kind, doch das Mädchen kann fliehen, Es verfolgt es,
der Teich, ein totes Mädchen ...
Fünf Jahre später ist das Reptil in Es erwacht. Es gibt ein anderes
Mädchen, das aussieht wie sie, das Mädchen von damals.
»›Hallo‹, sagt Es. ›Hallo Mädchen!‹ Das Mädchen nickt. Das Reptil
züngelt. Es lächelt. ›Kannst du mir schnell mal bitte am Auto helfen?‹«
Das Mädchen heißt Marie, sie ist 13, wie das Mädchen damals. Marie ist
ein typischer Teenie, verstrickt in Pubertät, Aufbegehren und sich
gehen lassen, Verliebtheit, Zerrissenheit. Sie lebt bei ihrer Mutter, der
Vater wohnt in der Wohnung gegenüber der Schule, mit seiner Neuen.
Der Vater hatte ihr ein Notebook geschenkt, das sie fast ausschließlich
dazu benutzt, ihr Tagebuch zu führen. Die Datei nennt sie »Marie
spiegelt sich«. An manchen Stellen des Tagebuchs erscheinen mir die
Gedanken ein wenig altklug für eine Dreizehnjährige, andere Passagen
sind sehr authentisch.
»Ich glaube, dass die Welt hinter dem scheißdunkelgrau von einer
Schicht flüssiger Traurigkeit umgeben ist. Jeder trinkt jeden Tag einen
Schluck davon oder mehr. Und die, die zuviel davon nehmen, haben
Bäuche wie Schläuche.«
Marie wird von Es gefangen. Doch die Polizei benötigt eine Weile, bis
sie die Suche nach dem Mädchen ernsthaft aufnimmt. Eine
Dreizehnjährige verschwindet, vielleicht ist sie bei einer Freundin oder
lediglich abgehauen ...
»Es. Da, wieder. Zeiten verschwinden, vereinigen sich, Universen
berühren einander und Erinnerung wird zur Gegenwart und Zukunft
ist ein Gedanke, der zum Handeln zwingt.«
Marie ist das Opfer, sie befindet sich in der Hölle von Es. Der imaginäre
Bär redet mir ihr, gibt ihr Halt. Auch Es ist ein Opfer. Isabella Archan
schafft es, uns die Charaktere realitätsnah zu transportieren, aber
nicht nur die der Hauptpersonen. Perspektivwechsel zwischen den
Handelnden, Gedanken der Protagonisten, ein feines Zusammenspiel
schafft einen düsteren Raum, in den es den Leser hineinzieht,
spannend bis zum Schluss.
Die Sprache ist eigenwillig, pointiert. Kurzer Stakkatostil, aber niemals
abgehackt, abwechselnd mit fließendem Stil, poetischen Passagen. Ein
Buch das sprachlich, wie inhaltlich begeistert. Psychologisch fein
gezeichnete Protagonisten runden den Krimi ab.
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