Autorin
Sabine Ibing
Bücher, die mir selbst gut gefallen haben
Sachbücher
Rezension
Mohamed - Eine Abrechnung
von Hamed Abdel-Samad
«Da Mohamed laut islamischen Quellen weder lesen noch schreiben
konnte, gilt der Koran den Muslimen als ein Wunder Gottes.»
Hamed Abdel-Samad, Sohn eines ägyptischen Imams, im muslimischen
Glauben erzogen. Er berichtet in seiner Biografie «Abschied vom Himmel»
er habe sich in jungen Jahren fast den Muslimbrüdern angeschlossen.
Erst in Deutschland habe er nach anfänglichen Schwierigkeiten die
Einstellung zu seiner eigenen Religion überdenken können. Der Publizist ist
seit 2011 Mitglied des Beirats der Giordano-Bruno-Stiftung, war 2013
Teilnehmer der Zweiten Kritischen Islamkonferenz. Kurz danach musste er
in Kairo untertauchen, da Islamisten zu seiner Ermordung aufgerufen
hatten.
Der Prophet ist im Jahr 632 gestorben. Die geschichtlichen Eckdaten sind
selbstverständlich nicht hundertprozentig, vieles lässt sich nur durch
Erzählungen von anderen rekonstruieren. So ist auch die Mohamed
Biographie des Autors zu werten.
«Richtig ist, dass die erste Biographie von Mohamed erst etwa 130 Jahre
nach seinem Tod geschrieben wurde, aber auf früheren Texten und
Überlieferungen aufbaute. Und richtig ist auch, dass schon damals ein
Streit darüber entbrannte.»
Hamed Abdel-Samad bezeichnet Mohamed als "krankhaften Tyrannen",
"Narzissten", "Paranoiker", "Massenmörder", vergleicht seine Lehre mit der
Mafia und die Abschlachtung von Juden durch Mohamed als Genozid und
mit Hitlers Holocaust.
Ich würde dies Buch nicht als geschichtlich-wissenschaftliche Arbeit im
Allgemeinen bezeichnen. Denn schon der Titel besagt, wir haben es mit
einer Abrechnung zu tun. Und die kann nur persönlich sein. Der Autor
befasst sich intensiv mit Mohameds Psyche und wagt sich damit aufs
Glatteis. Es gibt eben nur Berichte vom Hörensagen und auch hier
informiert Hamed Abdel-Samad, dass der Koran mehrfach umgeändert
wurde, je nachdem, welche Ziele die folgenden Herrscher verfolgten. Die
Thesen des Autors halte ich grundsätzlich für plausibel, aus seiner Sicht,
es könnte aber auch ganz anders gewesen sein. Ich halte dieses Buch
aber auch als Abrechnung mit der eigenen Identität, mit der eigenen
Kindheit. Er wäre nicht der Erste, der stark religiös erzogen, im
Erwachsenenalter reflektiert und revoltiert und sich völlig abwendet, sich
seiner Kindheit betrogen fühlt. - «Sünder wurden ausgepeitscht, Lästerer
und Apostaten getötet. Was eine Sünde war, bestimmte er.» - Die Kritiker
der Elche, waren früher selber welche …
Das Buch ist spannend und es ist heftig, weil es emotional ist. «Man kann
die Karte des gütigen Mohamed ziehen und ausspielen, aber auch die des
Monsters.» Der Publizist hat die Monsterkarte gezogen. Ich kann es aus
meiner atheistischen Einstellung nachempfinden, da ich mit jeglicher
Religion ähnlich abrechne, insbesondere unter der Prämisse, wie sich die
einzelnen Strömungen der Religionen die Köpfe einschlagen, weil alle
glauben, die Weisheit auf ihrer Seite zu stehen zu haben.
«Es ist interessant zu erwähnen, dass die Biographie von Ibn Ishāq fast zeitgleich
mit der Geschichtensammlung »Tausendundeine Nacht« entstanden ist.
Beide Werke wurden in Bagdad verfasst», so Hamed Abdel-Samad .
Ich kann aber auch verstehen, wenn sich ein tiefgläubiger Muslim von
dieser Auslegung brüskiert fühlt. Denn Hamed Abdel-Samad zieht
natürlich die Zitate, die zu seiner Einstellung passen. Aber es ist ja eine
Abrechnung und damit legitim. Man darf dieses Buch nicht als sachlich-
historische Recherche betrachten, auch wenn er historische Quellen
heranzieht.
"Ich will mehr Unruhe stiften. Es ist Zeit, dass Mohamed als Mensch
beleuchtet wird. Mohamed ist vor 1.400 Jahren gestorben, aber begraben
wurde er nie richtig. Er liegt in seinem Sarg und regiert von seinem Sarg
aus. Er hat Macht über unsere Welt heute, die er nicht kennt", sagt Hamed
Abdel-Samad selbst.
Vielleicht kann das Buch zum gesellschaftlichen Diskurs beitragen, die
Bedeutung herauszuarbeiten, welche Bedeutung Mohamed für die heutige
Zeit noch hat. Der Autor sagt ja selbst, dass man nicht vergessen darf,
dass Mohamed im 7. Jahrhundert gelebt hat und man die Betrachtung aus
der heutigen Zeit diskutieren muss. Fakt ist, dass Mohamed seine eigenen
Gesetze nicht gelebt hat. Laut Koran darf man nicht mehr als vier Frauen
haben, er selbst hatte 12 Ehefrauen, unzählige Sklavinnen, Geliebte.
Dieben schlug man die Hand ab, aber die Räubergruppen von Mohamed
durften töten, stehlen, Menschen versklaven. Aber geht nicht jedes Volk
so vor? Du darfst nicht töten, nicht stehlen, und im Krieg gelten diese
Werte nicht.
Interessant ist auch der beschriebene Kontrollwahn, der Mohamed fast
krankhaft befiel, je älter er wurde, umso schlimmer. Daraus resultieren
unzählige Gesetze des Glaubens.
«Er regelte durch seine Hadithe jede Angelegenheit ihres Alltags:
Schlafrhythmus, Kleiderordnung, Sexualität, Reisebestimmungen, Essen,
Trinken – für alles stellte er detaillierte Anweisungen auf. Sogar für den
Toilettengang und das Luftablassen dort gibt es Regeln.»
Mohamed hat aus der Thora und aus der Bibel geklaut, auch eine
interessante Passage. Und: «Die Biographie von Ibn Ishāq beginnt mit der
genealogischen Abstammung Mohameds, die bis zum biblischen Stammvater
Abraham und darüber hinaus bis zu Adam zurückreicht. Das
Matthäusevangelium beginnt übrigens ähnlich: mit dem Stammbaum von
Jesus, der bis Abraham zurückgeht. Dadurch soll belegt werden, dass
Mohamed und der Islam in der gleichen monotheistischen Tradition stehen
wie das Juden- und das Christentum.»
Der Koran, ein widersprüchliches Buch … die Bibel nicht auch?
«Hier der ethisch-humanistisch argumentierende Prediger aus Mekka, dort
der intolerante Kriegsfürst in Medina. Hier der Mensch, der für Mitgefühl
und Vergebung plädiert, dort der Massenmörder und psychisch kranke
Tyrann.»
Hamed Abdel-Samad hält den Islam für nicht reformierbar, er würde ihn
gerne abschaffen. Das wird nicht funktionieren. Zumindest sollen die
Muslime Mohamed als Mensch verstehen und die Vorschriften in Frage
stellen, ein modernes Bild daraus stricken. Der gröβte Teil der Christen
möchte die Jungfrauengeburt abschaffen und kaum einer glaubt, dass
Jesus über das Wasser gehen konnte. Auch diese Reform wird noch
dauern … Wer geschichtlich interessiert ist und etwas über Mohamed und
die Entstehung des Islam wissen möchte, dann ist dies ein interessantes
Buch. Ein wenig emotional und deswegen spannend, aber sicher nicht der
Weisheit letzter Schluss.
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