Autorin
Sabine Ibing
Bücher, die mir selbst gut gefallen haben
Krimis / Thriller
Rezension
Tante Poldi und die Früchte des Herrn
von Mario Giordano
Hörbuch. Spieldauer: 9 Stunden und 10 Minuten
Gelesen von Philipp Moog.
«Namaste» - Tante Poldis Lieblingssatz, der allerdings dem Indischen
entspringt.
Bei diesem humorvollen Sizilienkrimi steht Tante Poldi klar im
Vordergrund, die Auflösung des Falls ist Beiwerk.
Isolde Oberreiter aus Bayern, genannt Poldi, verwitwet, die Tante
eines Schriftstellers, lebt in Sizilien um dort ihren Lebensabend zu
verbringen. Totsaufen mit Meerblick war einst ihr Ziel. Ihre
Alkoholsucht hat sie nun halbwegs im Griff, doch immer wieder steht
sie am Abgrund und gibt sich die Kante. Der Neffe wird von ihren
Schwestern regelmäßig ausgesandt, um ihr Haus nach harten
Alkoholvorräten zu durchsuchen, sie in den Ausguss zu entsorgen.
Dieser Tag beginnt mit Katastrophen, denn jemand hat die Hündin
Lady vergiftet, das Wasser ist abgestellt, Poldi ist auf 180. Der Mörder
von Lady muss gefasst werden! Sie erfährt von Comissario Montana,
mit dem sie ein Verhältnis pflegt, vom Mord an einer Staatsanwältin.
Schon ist die Hobbydetektivin unterwegs, den Fall zu lösen. Doch dann
wird eine Wahrsagerin umgebracht.
Poldi flucht sich durch das Buch, mal bayrisch, mal italienisch, »Ja,
leckts mi doch am ...!«, »Vaffanculo!« Wassermangel, Geschäft mit
dem Wasser, Wein, Weinanbau, Mafia, das gesamte soziale Geflecht,
sizilianische Essgewohnheiten, dolce vita, sizilianische
Lebensweisheiten, ein Sizilienpakt wird mit viel Humor beleuchtet,
leise Untertöne der Gesellschaftskritik schwingen mit.
Der Neffe von Poldi, gerade anwesend um Ideen zu sammeln, die
seine Schreibblockade lösen sollen, schreibt das Geschehen auf, das
ihm die Poldi brühwarm berichtet. Der Neffe, ein Schriftsteller, der an
seinem persönlichen Familienepos arbeitet, wird von Poldi
auseinandergenommen, sie erklärt ihm, wie er schreiben muss,
verbessert ihn wie ein ausgefuchster Lektor, streut ihre
Lebensweisheiten ein. Poldi, eine skurrile Persönlichkeit, neugierig,
mit allen Stärken und Schwächen, ein Spagat zwischen Schwermut und
Lebenslust, zeigt mit ihrem bayrischen Gemüt, dass dieses gar nicht
so weit dem Sizilianischen fernliegt.
Die Dialoge sind erfrischend, voll von intelligentem Witz. Mario
Giordano beherrscht den Slapstick. Gekonnt, ohne Firlefanz und
ausschweifige Ergüsse schafft er Atmosphäre, die besonders gut
durch das Hörbuch herausgearbeitet sind. Philipp Moog liest die
Passagen der Poldi in bayrischem Dialekt, jede Menge italienische
Ausdrücke runden den Text ab. Wer der italienischen Sprache nicht
mächtig ist, wird eventuell leichte Schwierigkeiten bekommen alles zu
verstehen, ein Grundvokabular reicht allerdings. Hinter all dem
Plapperton so viel Sprachwitz zu verstecken, ausgefeilte Dialoge und
ein Gefühl für das sizilianische Leben zu vermitteln, halte ich für eine
besondere Kunstfertigkeit. Beim Hören habe ich mich dank der
plakativen Beschreibungen und Dialoge ganz nach Sizilien versetzt
gefühlt. Giordanos sizilianische Wurzeln kommen voll zum Tragen.
Der Krimi ist Nebensache, die Spannung hält sich durch die Figur Poldi.
Und sie hat immer »noch einen drauf« zu geben. So auch am Schluss
der Geschichte. Wer auf Kopfkino und intelligenten Humor steht, dem
sei diese schräge Komödie empfohlen, insbesondere würde ich das
Hörbuch empfehlen.
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