Autorin
Sabine Ibing
Bücher, die mir selbst gut gefallen haben
Krimis / Thriller
Rezension
Verstummt
von Karin Slaughter
«Doch das war der American Way. Gib eine Million Dollar aus, um ein
Kind zu retten, das in einen Brunnen gefallen ist, doch untersteh dich,
hundert Dollar zu investieren, um den Brunnen abzudecken, damit das
Kind gar nicht erst hineinfällt.»
Detective Michael Ormewood vom Atlanta Police Department soll den
Mord an einer Frau aufklären, die bestialisch ermordet wurde, die
Zunge wurde ihr herausgeschnitten. Ihm zur Seite steht Special Agent
Will Trent, dem er misstraut, im Team auch Polizistin Angie Polaski, die
verdeckt im Nuttenmilieu ermittelt. Die beiden führen eine leicht
verfeindete Kommunikation, da sie in früheren Zeiten eine Liaison
hatten. Und dann haben wir John Shelly, gerade auf Bewährung aus
dem Knast entlassen. Er führt ein ziemlich erbärmliches Leben als
Autowäscher. Schon bevor er erwachsen wurde, hatte man ihn für 20
Jahre weggeschlossen, angeklagt der Vergewaltigung und des
Mordes an einer jungen Frau, er hatte ihr die Zunge herausgebissen.
Er selbst behauptet unschuldig zu sein, gerät in Panik, da nun wieder
von Morden mit herausgebissener Zunge die Rede ist. Und zufällig
bekommt er heraus, dass jemand während seiner Knastzeit die
Identität von John benutzt hat, um Immobilien zu erwerben, Konten
aufzumachen, Autos zu kaufen, anscheinend Geldwäsche.
Dieser Thriller ist extrem. Extremes wird vom Leser abverlangt:
schlichte Gewalt. Die Figuren sind extrem, allesamt ein wenig gestört.
Die Sprache ist distanziert und teilweise extrem obszön. Vergangenheit
und Gegenwart werden miteinander verknüpft. Ein Buch, das nicht für
zarte Seelen geschaffen ist. Der Leser erfährt bald, wer der Mörder
der Frauen ist und was dahintersteckt. Slaughter schreibt in ständigem
Perspektivwechsel, der Leser ist bei den Protagonisten. Und doch
konnte ich mich für keinen von ihnen erwärmen. Die emotionslose
Beschreibung und die Vielzahl der Probleme der Charaktere lässt es
nicht zu, tief in sie einzudringen. Die Autorin beschreibt intensiv, was
ich mag. Der Roman ist nichts für den Leser, der rasche Ergebnisse
verlangt.
«Es gab einen strikten Zeitplan und strenge Regeln, aber solange man
tat, was einem befohlen wurde, musste man sich um rein gar nichts
Sorgen machen.» John Shelly hatte genau das im Gefängnis gelernt. Er
funktioniert auch draussen. Sein größter Albtraum ist seine
Bewährungshelferin, die ihn ungemeldet kontrolliert, inspiziert, besser
als jeder Gefängniswärter. Doch plötzlich gerät auch seine Welt aus
den Fugen. Wer kauft in seinem Namen ein und wer will ihm etwas
unterschieben? Mit diesem Protagonisten könnte man mitfühlen. Aber
auch das lässt Slaughter nicht zu. Er ist zu wehrlos, zu schäbig. Dies
Buch hat mich mit gemischten Gefühlen zurückgelassen. Auf der einen
Seite gut geschrieben, auf der anderen sehr distanziert, sehr
gewalttätig. Zu einer Sozialstudie taugt der Inhalt nicht. Die Charaktere
sind in der Masse zu schräg, die Story zu unwirklich. Frauen kommen
schlecht weg in diesem Roman. Sie sind alle Opfer von Gewalt. Habe ich
mich gut unterhalten? Literarisch vielleicht, der Inhalt hat mich eher
abgestoßen in seiner Düsternis. Ich schwanke zwischen drei und vier
Sternen. Da ich aber Geschmack nicht so hoch bewerten will, runde ich
auf. Wer auf dunkle Seiten und Psychos steht, Blut und zerstörte
Kinderseelen, dem wird das Buch gefallen.
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