Autorin
Sabine Ibing
Bücher, die mir selbst gut gefallen haben
zeitgenössische Romane
Rezension
Am Ufer
von Rafael Chirbes
Der
siebzigjährige
Tischler
Esteban
hat
seine
Ersparnisse
und
eine
aufgenommenen
Hypothek
auf
Haus
und
Betrieb
in
ein
windiges
Immobilienprojekt
seines
Freundes
Pedrós
gesteckt.
Das
Projekt
ist
pleite,
Pedro
abgehauen.
Die
Zwangsvollstreckung
der
Tischlerei
steht
bevor,
die
Angestellten
sind
gekündigt.
In
einem
Rückblick
berichtet
Esteban
über
seine
Familie
in
den
fiktiven Orten Olba und Misent, bis hin zur Francozeit.
Die
Landschaft
erinnert
in
der
Beschreibung
an
die
Dénia
bei
Alicante
(Residenz
des Autors).
Er
beschreibt
eine
zerrissene
Landschaft
voll
von
Bauruinen
zwischen
Meer
und
Sumpf,
beschreibt
arbeitslose
Menschen,
osteuropäische
Nutten,
schwelender
Hass
auf
Migranten.
Die
Köpfe
der
Spekulanten
haben
mit
dem
Platzen
der
Immobilienblase
das
Land
verlassen,
nicht
vergessen,
ihr
Vermögen
mitzunehmen.
Chirbes
analysiert
die
Entwicklung
Spaniens
in
den
letzten
Jahrzehnten.
Ein
Bauernstaat,
der
ganze
Landstriche
verkaufte,
bebaute,
selbst
die
spanische
Seele
verhökerte.
Er
beschreibt
den
Traum
vom
Häuschen
für
Jedermann,
vom
Leben
im
Luxus,
ein
Traum,
der
einer
ganzen
Generation
verkauft
wurde.
Ein
Protagonist
berichtet,
früher
war
man
froh,
eine
Arbeit
als
Orangenpflücker
zu
haben,
das
war
eine
anständige
Arbeit.
Das
würde
heute
keinem
Jugendlichen
genügen.
Dafür
gibt
es
die
Marokkaner.
Er
selbst
habe
auch
seinen
Job
verloren,
aber
er
sei
froh,
wenigstens
als
Strassenkehrer
etwas
gefunden zu haben.
Rohbauten
im
Höhenrausch,
eine
verbaute
Küste
und
in
der
Hinterhand
der
morastige Sumpf. Der Sumpf steht für die Gesellschaft, die im Morast erstickt.
In
gut
400
Seiten
versucht
Rafael
Chirbes
(aus
Valencia
stammend)
aus
der
Sicht
verschiedener
Protagonisten
zu
erklären,
wie
es
zur
großen
Krise
kam.
Esteban
spielt
Karten
mit
einem
Teerpappenfabrikanten,
einem
Mann,
der
Flüchtlinge
aus
Afrika
schleust,
dem
Leiter
der
Sparkasse
und
einem
Weinkritiker,
die
alle
zu
Wort
kommen,
ebenso
die
Südamerikanerin,
die
Esteban
bei
der
Pflege
des
dementen
Vaters
hilft
und
mit
der
er
ein
Verhältnis
hat
und
ebenso
sein
marokkanischer Freund.
Ein
Land
in
der
Krise,
in
dem
Migranten
keinen
Platz
mehr
haben,
weil
viele
arme
Spanier
nicht
mehr
wissen
„wie
der
Kühlschrank
zu
füllen
ist“.
Krise
an
allen
Ecken:
die
Krise
in
der
Familie,
die
Krise
die
Esteban
in
sich
selbst
trägt,
der
alles
im
Leben
falsch
machte,
Sinneskrise
bei
den
Menschen,
die
gierig
nach
mehr
trachteten,
Baukrise,
politische
Krise,
Wirtschaftskrise.
Schnelles
Geld
führt
zu
nichts.
Man
sollte
als
Hintergrundwissen
immer
bedenken,
dass
Chirbes
Kommunist
ist.
Er
zeigt
die
Entwicklung
Spaniens
in
den
letzten
70
Jahren
auf,
schonungslos
mit
kräftigen Worten. Er ist dabei weder besserwisserisch noch zukunftsweisend.
Grosse
Literatur,
ein
Genuss
zu
lesen,
allerdings
nicht
ohne
Beklemmung.
Ein
Roman, der lange nachhallt und im Leser weiterklingt.
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