Autorin
Sabine Ibing
Bücher, die mir selbst gut gefallen haben
zeitgenössische Romane
Rezension
Sophia oder der Anfang aller Geschichten
von Rafik Schami
Hörbuch, 11 Stunden, 37 Minuten
gesprochen von Markus Hoffmann
Rafik Schami, der Exilsyrer, der seit langem in Deutschland wohnt, hat einen Roman
geschrieben, der ihm selbst passiert sein könnte.
Salman, ein Christ, hatte es damals geschafft, seinen Häschern zu entkommen, er ist
nun erfolgreicher Geschäftsmann in Italien. Doch die Sehnsucht treibt ihn nach
Damaskus. Zu Zeiten kurz vor dem arabischen Frühling, gibt die Regierung Assads
die Parole aus, alle Exilanten dürfen nach Hause kommen, niemand würde verfolgt
werden. Salman würde gern nochmal seine Eltern sehen, seine Heimat.
Selbstverständlich traut er dem Regime nicht ganz und lässt sich die Erlaubnis für
seine Person schriftlich vom Diplomaten bestätigen. Auch seine Eltern holen
Versicherungen ein. Immerhin ist sein Cousin Elias ein wichtiger Mann beim
Geheimdienst. Erst als abgeklärt ist, dass das Land für Salman sicher ist, reist er los,
in tiefer Freude. Natürlich ist es wunderbar die Eltern wiederzusehen, auch die
Nachbarn, die Verwandten. Doch alles ist so anders, hat sich verändert, die
Menschen haben sich verändert, oder er selbst? Der Besuch geht dem Ende zu, da
erblickt Salman auf der Straße ein Fahndungsfoto. Er sieht sich selbst. Er sei ein
Mörder, für einen Mord an der Frau eines Regierungsbeamten verantwortlich, zwei
Monate, bevor er das Land betreten hat? Das Foto ist uralt und er weiss plötzlich,
wer dahintersteckt … Zu Hause steht schon die Polizei vor der Tür, Salman muss
untertauchen, bloss wohin? Sophia, seine Mutter ersinnt einen Plan, ihren Sohn aus
dem Land herauszuschmuggeln.
Aber das ist nur eine Geschichte … Rafik Schami schafft es immer wieder, in seinen
Romanen viele Geschichten einzuweben. Zurück in die Jugend von Salman, in das
alte Damaskus, noch weiter zurück, zur Geschichte von Sophia, von Aida, von Karim.
Arabische Erzählkunst und Poesie, arabischer Humor, Geschichten von Menschen
wie du und ich, mit all den Widersprüchen, die den Menschen ausmachen. Liebe und
Freundschaft, Hass und Neid, Verrat, Religionskonflikte in den Gassen von Damaskus
von heute, von damals. Ein Einblick in die syrische Gesellschaft, die sich unter der
Diktatur verändert hat. 15 verschiedene Geheimdienste, von dem einer nicht weiss,
was der andere macht, Intrigen, Machtgelüste, geldgierige Sippen, selbst Baschar
Assad blickt nicht durch.
Ein spannendes Buch, fast ein Thriller … halt, dafür hat es zu viel Poesie, zu viel
Humor, zu viele Liebesgeschichten, die aber nie kitschig sind. Der Muslim Karim und
seine christliche Lebensgefährtin Aida helfen Salman. Da ist die Geschichte von
Karim, die von Sophia und Karim, von Sophia, die lieber den betuchten Goldschmied
nahm, die Geschichte von Aida und die von Aida und Karim. Ein typisches Buch von
Rafik Schami, ein Roman mit einem spannenden Plot, umwoben von viel Tragik im
Kleinen.
Sehr amüsant ist die Diskussion im Roman, warum es keine arabischen
Kriminalromane gibt. „Kein Kommissar wagt es, bestimmte Kreise zu verhören“, sagt
einer. Ein anderer meint, dass es doch gar keine Kommissare geben kann. Und wenn
es einen gebe, dann würde er nicht fragen, sondern sich von dir ein Geständnis
unterschreiben lassen. Das Buch ist natürlich auch politisch, eine Kritik am System.
Ein Roman über Salman, der damals für die Freiheit kämpfte, fliehen musste, der
nichts dazugelernt hat, von dem seine Tante Amalia sagt: „Er war viel zu naiv
gewesen, um zu begreifen, dass Revolutionen auch den Abschaum der Gesellschaft
anziehen wie ein Magnet das Eisenpulver. Sie kamen, um Rechnungen zu begleichen,
und sie pfiffen auf alle Werte.“
"Auch Moses, Jesus und Mohammed haben sich geirrt, vor allem in ihren
Anhängern".
Die dunkle Seite der Liebe, von Rafik Schami
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