Autorin
Sabine Ibing
Bücher, die mir selbst gut gefallen haben
Fantasy
Rezension
Der Weitseher (die Weitseher Trilogie 1)
von Robin Hobb
Zur Blogtour
Hörbuch, 18 Std, 45 Min, gelesen
von Matthias Lühn
Fitz Chivalric, der Weitseher, erzählt uns rückblickend seine
Lebensgeschichte, während er an einer Chronik über die sechs
Provinzen schreibt. Der junge Fitz, Bastard des König Chivalric, wird in
jungen Jahren an den Hof von Bocksburg gebracht und beginnt seine
Karriere beim Stallmeister Burrich in der Pferdepflege. Burrich wird für
ihn so etwas wie der Vaterersatz. Ziemlich bald erkennt Fitz, dass er die
Gabe besitzt, mit Tieren nonverbal zu kommunizieren, sie gedanklich zu
lenken, mit ihren Augen zu sehen. Burrich verbietet ihm dies
einzusetzen, weil er es für eine gefährliche Gabe hält.
Fitz tritt von einem Fettnäpfchen zum nächsten. Als Bastard besitzt er
keine Position auf der Burg, allerdings behandelt man ihn respektvoll als
Teil der Familie. Einige Menschen sind ihm wohlgesinnt, verschaffen ihm
verschiedene Möglichkeiten zum Unterricht in höfischen Dingen wie
Kunst, Literatur, Musik, Tanz, Waffenausbildung. Geschickt zeigt er sich
in keiner Disziplin. Heimlich bildet man ihn auch zum Assassinen aus,
kundig des Giftmischens und des Mordens. Er bekommt sogar die
Möglichkeit, zum Seher ausgebildet zu werden. Hier versagt er kläglich,
muss wieder den Job des Mörders ausüben, unterwegs im Auftrag der
Krone. Verity, der Thronfolger, Bruder und Unterstützer von Fitz, ein
großer Seher, ergibt sich seinem Schicksal, opfert sich auf für sein Land.
Bruder Edel, ein ausgemachter Lackaffe, spinnt Intrigen.
Parallel dazu bringen die Roten Korsaren eine unheimliche Krankheit
über die Provinzen. Wer von ihr befallen wird, dem fehlen plötzlich
jegliche Gefühle. Wie seelenlose Zombies verwahrlosen diese Menschen,
handeln nur noch zu ihrem eigenen Interesse: sie suchen Nahrung,
Kleidung, Unterkunft, morden dafür jeden, der im Weg steht. Sie reisen
roboterhaft durch die Lande, erschlagen sich gegenseitig, rauben
andere Menschen aus, morden. Die Korsaren fallen über die
Küstenregionen her und Verity, der die Kunst beherrscht, in die
Gedanken von anderen einzudringen, versucht die Gegner abzuwehren,
indem er sie ihre Schiffe auf Felsen lenken lässt, sie in Unwetter führt.
Doch seine Kraft allein ist zu schwach.
Robin Hobb berichtet aus der Sicht des alten Mannes Fitz, der sich an
seine Kindheit und an seine Jugend erinnert, erzählt von seinem
Erstaunen, seiner eigenen Naivität, begegnet sich selbst mit einer guten
Portion Humor. Ganz langsam entwickelt sich der Plot, wodurch wir die
einzelnen Personen detailliert kennenlernen. Bis zur Mitte dieser
Geschichte war ich nicht sonderlich erbaut, eher tat sich Langeweile auf.
Dann kommt etwas Fahrt in die Handlung. Intrigen spinnen sich zurecht.
Man ahnt, dass viele der handelnden Personen in dem jungen Fitz etwas
Besonderes sehen, doch keiner gibt etwas preis. Die einen fördern ihn,
die anderen wollen ihn loswerden, bzw. töten. Damit der Leser in den
Genuss kommt zu wissen, welche Fähigkeiten Fitz besitzt, benötigt es
leider den gesamten ersten Band der Trilogie (man ahnt es eigentlich
von Anfang an). Und das ist an manchen Stellen ermüdend, die Story tritt
oft auf der Stelle. Insgesamt sind viele Geschehen voraussehbar und
somit kommt keine riesige Spannung auf. Das Buch ist aber trotzdem gut
geschrieben und wer gern langatmige Beschreibungen liest / hört, ist
hier gut bedient. Feinfühlig werden die einzelnen Akteure beschrieben,
gesellschaftliche Strukturen, die Gedanken von Fitz.
Mir hat gefallen, dass die Geschichte ohne fremde Welten und Gestalten
auskommt, ohne Fabelwesen. Wer auf Scharmützel wartet, der wird
enttäuscht. Und genau hier erschließt sich mir die Story nicht. Es dauert
lange, sehr lange, bis Fitz seinen Job als Assassine ausübt, mit einem
riesigen Sprung in der Zeit. Lapidar wird berichtet, er ist schon seit
Jahren als Meuchelmörder für den König unterwegs und hat nun eine
riskante Aufgabe zu erledigen, die auch beschrieben wird. Und die Zeit
dazwischen? Was hat er erledigt und warum? Das hätte mich als Leser
interessiert und nicht so sehr die ausufernden Beschreibungen. Die
Roten Korsaren wüten seit Jahren an der Küste, werden ein wenig
bekämpft. Man erfährt nichts darüber. Wer sind sie, was machen sie,
woher kommen sie? Verity sitzt über Jahre in seinem Zimmer, dringt in
die Gehirne der Gegner ein, ohne dass sie es merken, lenkt die Schiffe
fehl. Er müsste somit auch in ihren Gedanken lesen können, wissen, was
sie vorhaben. Darüber erfährt man nichts. Das ist das Problem aus der
Sicht des Icherzählers Fitz, wir erfahren nur, was ihm bekannt ist. Die
Krankheit, die von den Korsaren gebracht wird, hätte mich auch
interessiert. Menschen werden zu selenlosen Gestalten. Aber warum?
Viele Dinge, die den Leser interessiert hätten, die sicher den
Spannungsbogen gesteigert hätten, fehlen nach meiner Ansicht. Bis zur
Mitte schleicht die Spannung im Schneckentempo, dann verfällt sie in
Trab. Ein wenig Galopp zwischendurch hat mir gefehlt. Ich bin mir daher
nicht sicher, ob ich die anderen zwei Teile noch hören mag.
Der naive Fitz bekommt schnell heraus, dass er vorsichtig sein muss. Ab
der Mitte wird er zum Machtspiel der einzelnen Personen. Wem kann er
vertrauen? Wer ist sein Feind?
Letztendlich ist der Weitseher eine typische Fantasy-Geschichte: Kleiner
Junge, Bastard des Königs, entdeckt seine besonderen Fähigkeiten und
wird Spielball der Mächtigen. Der junge Mann, der zunächst nicht viel auf
die Reihe bringt, in offene Messer läuft, sich noch beweisen muss, wenn
er bereit ist, an seine Grenzen zu gehen. Da er rückwirkend als
Mächtiger von Anfang an die Geschichte selbst erzählt, wissen wir wohl
auch, wie sie ausgehen mag. Nichts Neues. Keine neuen Welten, keine
außergewöhnlichen Figuren. Aber dennoch hat das Buch eine gewisse
Faszination: Beschreibungen, Charaktere, menschliche Fehltritte,
Hinterhältigkeit, Finesse. Besonders hat mir am Ende die Provinz
gefallen, in der ein Mächtiger einheiraten soll. Fein gezeichnete
Gesellschaftsstrukturen und interessante Wendungen in Diplomatie und
Aufopferung. Mehr sei hier nicht verraten. Wer auf 600 Seiten Print / 19
Stunden Hörbuch auf Schlachten und Monster verzichten kann, in Ruhe
betrachten mag, für den ist das Buch ein Genuss.
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