Autorin
Sabine Ibing
Bücher, die mir selbst gut gefallen
haben
Krimis / Thriller
Rezension
Täuschung
von Petra Ivanov
Ist Jasmin Meyers Vater tot? Der Großvater ist verstorben, hinterlässt
ein Haus in den Außenbezirken von Zürich. Der rechtmäßige Erbe ist
Jasmins Vater. Die ehemalige Polizistin arbeitet im Baumarkt. Der Vater
hatte die Familie verlassen, als sie ein kleines Kind war. Es gibt keine
Erinnerung an ihn, er wird totgeschwiegen. Er verschwand eines Tages
nach Thailand. Um das Erbe anzutreten, muss die Familie einen
Todesschein vorweisen oder dem Gesetz nach noch einige Jahre
abwarten. So sendet man die taffe Jasmin nach Thailand, um
Nachforschungen anzustellen, Pal Palushi, ihr Lebenspartner begleitet
sie.
»Ich glaube gar nichts. Ich weiß nur, dass seine Leiche nie gefunden
wurde.«
Angekommen im fremden Land fühlen sich die beiden sofort verfolgt.
Angeblich hatte Jasmins Vater, Erwin, ein Pflegeheim betrieben, das
vom Tsunami zerstört wurde. Danach soll er Schweizer Bürger
betrogen haben, indem er Plätze für ein Wohnheim verkaufte, das er
nie gebaut hat. Erwin verschwand spurlos. Die Polizei hat ihn für tot
erklärt. Jasmin recherchiert auf den Spuren ihres Vaters. Schweizer
Auswanderer, die ihren Lebensabend im Warmen verbringen wollen,
Pflegeheime, Gästehäuser genannt, stehen im Focus. Wer war Jasmins
Vater? Was trieb ihn nach Thailand und warum arbeitete der Tischler
in der Altenpflege? War eine gewisse Daisy seine Geliebte? Was kann
sie über Erwin berichten? Jasmin ist auf der Suche nach der Frau. Und
die chinesische Mafia scheint nach Jasmin zu suchen, nur knapp
entkommt sie ihren Häschern. Was hatte ihr Vater mit denen zu tun?
Warum verfolgt man sie?
»Es würde mich aber auch nicht wundern, wenn sie die eine oder
andere Gefälligkeit leistet. Das ist hier üblich, im Austausch für
Bewilligungen oder Dienstleistungen beispielsweise. Nur die
Immigrationsbehörde ist unbestechlich. Was man von der Polizei
übrigens nicht sagen kann.«
Neben einer spannenden Geschichte entführt uns Petra Ivanov in das
reale Thailand zu einer Geschäftsmaschine der Pflege. Ausländer, die
Gästehäuser betreiben, müssen mit einem Thai verheiratet sein, da
Ausländer kein Gewerbe führen - kein Grundstück kaufen dürfen.
Geschäftsehen, ein risikoreiches Unterfangen, denn bei einer
Scheidung gehört alles dem Thai. Rentner, die sich einen Bungalow im
Pflegeheim kaufen, letztendlich ohne Eigentum dastehen, denn sie
dürfen offiziell keine Immobilie besitzen. Das sei wohl überlegt, denn
ihr Geld werden sie nie mehr zurückerhalten, wer geht, kann nicht
verkaufen, wer stirbt, kann nicht vererben. Eins zu eins Betreuung,
Sonne, frisches Essen, gute Unterhaltung, ein Urlaubsparadies in der
Fremde für die alten Tage. Die Ferien in Thailand hatten damals ein
gutes Gefühl hinterlassen ... Doch nun sitzt mancher hier, der Sonne
und Kokos überdrüssig, vom Heimweh zerfressen, der Sprache nicht
mächtig, kann sich das Leben in der Heimat nicht mehr leisten, denn
man hatte sich die Rente auszahlen lassen, das Haus verkauft. Die
Autorin spricht ein heikles Thema an: teure Pflege ohne Luxus im
Inland oder billige Pflege mit bester Betreuung im Ausland. Welche
Risiken warten auf die Senioren und was passiert, wenn einem die
Sehnsucht nach der Heimat überfällt? Darüber spricht man nicht, denkt
man nicht nach. Dieses Buch vermittelt einen Eindruck in eine
Thematik, die in der Öffentlichkeit totgeschwiegen wird.
Bangkok, Hua Hin, Khao Yoi, Burinam, Pattaya und Phuket, die Autorin
führt den Leser durch Thailand, Tourismus, Sextourismus, Bars,
Strände, Rentnerhochburgen. Die Geschichte nimmt gleich zu Anfang
Fahrt auf, zieht den Leser hinein. Der Roman wird als Krimi auf dem
Umschlag präsentiert. Im weitesten Sinn kann man ihn bei gutem Willen
in das Genre pressen. Letztendlich ist es für mich ein Roman, eine gute
Geschichte, für einen Krimi fehlt mir eine Tat. Jasmin ist auf der Suche
nach ihrem Vater, auf der Suche nach sich selbst, nach ihrer Kindheit,
ihrer Identität. Nur weil ihr ein paar Ganoven ihr auf den Fersen sind,
ist das für mich kein Krimi.
Sprachlich bildhaft und in knappen Sätzen schnörkellos geschrieben
kommt man schnell durch das Buch. Die Sprache passt zur
Hauptprotagonistin, flott, auf den Punkt, handwerklich was auf dem
Kasten. In der Mitte flacht die Story etwas ab, zieht sich und am Ende
kommt ein gesuchtes RAF-Mitglied ins Spiel, ein Mann, der sich in
Thailand versteckt hält. Das war mir ein wenig weit hergeholt, wie das
gesamte Ende, zumal ein Originalname (gesprochen) verwendet wird,
bei dem lediglich der Anfangsbuchstabe F zu V verändert wurde und
dieser Mann bereits 1977 gefasst wurde, nicht in Thailand. Insgesamt
ist der Roman empfehlenswert, allein schon wegen des interessanten
Themas.
Interviev mit Petra Ivavov und Mitra Devi
zeitgenössische Romane
Krims und Thriller
Historische Romane
Fantasy, Fantastic, SciFi, Utopien Dystopien
Sachbücher (für jedermann)
Kinder- und Jugendliteratur