© Sabine Ibing, Lorib GmbH         Literaturblog Sabine Ibing
Autorin Sabine Ibing
Interview mit Lea Korte (von Sabine Ibing) Du bist eine deutsche Schriftstellerin, die mit einem Franzosen verheiratet ist und mit vier Kindern, sowie Katze, Hund meist in Spanien wohnt. Einen Teil des Jahres verbringst du in Frankreich oder Deutschland. Das nenne ich europäisch. Von Beruf bist du Journalistin und du hast als Übersetzerin gearbeitet. Bist du in einem Feld davon noch tätig? Lea: Seit vier Jahren helfe ich vor allem anderen Autoren, ihren Traum vom Schreiben zu verwirklichen, und das sowohl in meinem Autorenkurs www.online-autorenkurse.de als auch im Coaching. Für dieses Jahr habe ich allerdings auch geplant, wieder selbst zu schreiben. Mit welchen Sprachen wachsen eure Kinder auf? Gibt es den Weg, den Pädagogen empfehlen, jedes Elternteil spricht eine Sprache mit den Kindern oder redet ihr vielsprachig. Deine Kinder, sprechen sie Kastellanisch oder Katalanisch? Oder beides, vier Sprachen? Lea: Die Kinder können alle vier Sprachen - plus Schulenglisch. Und ja, jedes Elternteil spricht mit den Kindern seine Muttersprache. Du lebst mehr als 20 Jahre in Spanien. Wieviel cuore Catalunya, katalonisches Herz, hat deine Familie übernommen? Lea: Ganz viel natürlich! Und von daher kann ich die Unabhängigkeitsbewegung der Katalanen auch nachvollziehen. Gibt es deine Bücher auch in anderen Sprachen als Deutsch? Übersetzt du selbst? Lea: Derzeit gibt es meine Bücher ausschließlich auf Deutsch, und Übersetzungen sind Verlagssache. Ich käme übrigens ohnehin nicht auf die Idee, meine Bücher selbst zu übersetzen – so etwas sollte man immer einem Muttersprachler der Zielsprache überlassen. Du hast dich in deinen beiden Romanen der Maurin (Die Maurin / Das Geheimnis der Maurin)  mit dem friedlichen Zusammenleben von Juden, Christen und Muslimen in Andaluz auseinandergesetzt und mit der grausamen Vertreibung der Juden und Mauren aus Spanien, der Reconquista.  Ein wichtiges Thema, gerade in der heutigen Zeit. Welche Parallelen zu Heute siehst du? In Syrien hat das Zusammenleben auch Jahrhunderte gut geklappt. Lea: Ich denke, das ist ein ewiges Thema und von daher immer und immer wieder aktuell – leider. Man kann nur hoffen, dass die Menschheit irgendwann versteht, dass es nicht so wichtig ist, an welchen Gott man glaubt - solange man nur Mensch ist und als solcher andere in ihrem Menschsein akzeptiert. Königin Isabella brauchte damals Geld und durch die Reconquista hatte sie die Möglichkeit, unter dem Deckmantel der Religion sich Hab und Gut der Juden und Mauren anzueignen. Welche Veränderung hat Spanien damals durchlaufen und wie hat sich das ausgewirkt? Lea: Diese ganzen Veränderungen aufzuführen, würde wohl schon allein ein Buch füllen - für die Mauren und die Juden auf jeden Fall war das Ganze ein riesengroßes Drama, das viel Leid und Tod über die Menschen gebracht hat. Mauren und Juden hatten damals die Fächer Wissenschaft und Kultur belegt. Königin Isabella hat leider alle diese Bücher vernichten lassen. Sehr eindrucksvoll von dir geschildert die Schlüsselübergabe von Muhammad XII. (Boabdil) an die  katholischen Könige Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragón. und die Bücherverbrennung, beides in Granada. Viel Wissen ist dadurch verlorengegangen. Was hat das für die damalige Zeit bedeutet? Lea: Intellektuell fiel die westliche Welt damals ein gutes Stück zurück. Zwar wurden zumindest die medizinischen Bücher gerettet, aber nach dem Wegzug von Mauren und Juden gab es natürlich kaum noch Ärzte, die dieses Wissen umgesetzt haben. Auch die Offenheit gegenüber der Wissenschaft, die nicht zuletzt auch dank Übersetzerschulen wie in Toledo zustandekam, fand ein jähes Ende. Cordoba, Sevilla, Granada, Malagà, alles fantastische Städte, um die Mauren und ihre Kultur heute noch aufzuspüren. Was von der Maurischen Kultur ist heute noch in ganz Spanien zu spüren oder zumindest im Süden? Lea: Ich finde, ein bisschen von deren Lebensgefühl besteht bis heute – „der“ Spanier ist fatalistischer als die Nordeuropäer, das zumindest ist mein Eindruck. Zugleich lebt er vielleicht auch mehr im Jetzt, ist in sich gesetzter, mehr ein mit sich. Er glaubt nicht so sehr wie die Nordeuropäer, alles und jedes ändern zu müssen – er nimmt Dinge eher hin. „Si dios quiere“ … Die Spanier sind sehr gastfreundliche Menschen, überhaupt extrem freundlich und besitzen viel Empathie. Ist die Akzeptanz von fremden Kulturen im spanischen Blut? Lea: Spanien ist fast ringsum von Meer umgeben - und einem entsprechend unendlichen Horizont. Mit Sicherheit prägt das die Menschen. Sie sind freier, offener - und toleranter. Gewiss hängt das auch nach wie vor mit den 800 Jahren des überwiegend doch friedlichen Zusammenlebens der drei großen Religionen zusammen – und der reichlichen Sonneneinstrahlung. Ein blauer Himmel macht einfach eine bessere Stimmung. ;-) Die Reconquista ist leider ein Thema, das nicht von vielen Schriftstellern behandelt wird. Du hast dich sehr mit dem Thema beschäftigt, hast einen Professor von der UNI Cordoba als Berater. Können wir noch mehr zum Thema von dir erwarten? Wie wäre es mit einem Buch über Isabella von Kastilien? Lea: Isabella von Kastilien ist nicht wirklich eine Figur, die mich reizen würde. Sie ist nicht einmal eine Figur, die ich mag. Dann schon eher Johanna, aber deren Leben wurde schon zu vielen Roman behandelt. Ich denke, das, was ich sagen wollte, habe ich mit diesen Büchern zum Ausdruck gebracht. Von daher würde ich mich eher einem anderen Thema zuwenden. Die Franco-Zeit zum Beispiel finde ich sehr spannend. Du lebst in Catalunya. Die Katalanen sind sehr stolze Menschen, würden sich gern von Spanien abspalten. Das hat geschichtliche Wurzeln. Kannst du die Menschen verstehen? Lea: Ich bin mir nicht sicher, ob sie sich wirklich abspalten wollen, aber sie wollen ganz sicher mehr Freiheiten und mehr Selbständigkeit. Und ja, das kann ich verstehen. In diesem Thema spielen auch Emotionen eine große Rolle. Du hast einmal gesagt, dass historischer Romane „ein Stück weit sogar in der Lage sind, Geschichtsunterricht zu ersetzen‘“. Glaubst du, deine Maurin wäre geeignet? Wäre damals eine Frau so selbstständig und mutig gewesen, hätte sich ständig dem Vater und Ehemann wiedersetzt? Lea: Ich denke, wenn man zum Beispiel „Die Maurin“ gelesen hat, werden einem verschiedene historische Sachverhalte besser im Kopf bleiben, als wenn man darüber nur Sachtexte liest – weil man zu den Figuren ein emotionales Verhältnis aufgebaut hat und Emotionen länger als Wissen in einem nachwirken. Das Gleiche gilt natürlich auch für jeden anderen gut recherchierten historischen Roman. Und ja, ich denke, es gab schon immer Frauen, die mutig und selbstständig waren und ihren eigenen Weg gegangen sind. Frauen sind einfach so! Daran ändern auch keine Gesetze etwas. ;-) Als Autor von historischen Romanen macht man immer einen Ritt auf der Schwertklinge. Die einen mosern, das wäre zu viel Drumherum, zu viel Liebe, es fehlt Historisches. Die anderen bemängeln das Historische, man wolle schließlich kein Sachbuch lesen … Gehst du mit dir ins Gericht, wenn du den Plot formst oder ist dir egal, was die Leser denken? Wie wird man allen gerecht? Lea: Darüber mache ich mir eigentlich keine Gedanken. Ich habe ein Konzept und ein Ziel, und ich hoffe, dass es dem Leser gefällt. Wer historische Romane schreibt, liest auch selbst welche. Welche drei Lieblingsromane empfiehlst du mir? Lea: Meine historischen Lieblingsromane sind zum einen die von Rebecca Gablé, und dann Ken Follett. Auch „Die Löwin von Aquitanie“ von Tanja Kinkel fand ich wunderbar – oder die Romane von Charlotte Thoma … oder Iny Lorentz … nun die Liste würde schon auch lang werden. ;-) Mit „Sommernacht auf Mallorca“ hast du einen spritzigen Liebesroman geschrieben.  Welches Genre ist dir das Wichtigere? Der Liebesroman oder der historische Bereich? Lea: Ich liebe vor allem die Abwechslung, weswegen mein nächstes Projekt vielleicht auch noch einmal in einem ganz anderen Genre spielen wird. Auch vor „Sommernacht auf Mallorca“ habe ich schon Liebesromane geschrieben – unter einem anderem Pseudonym im Heyne Verlag. Du gibst auch Schreibseminare. Was kann ein angehender Autor von dir lernen? Überhaupt, warum sollte man Seminare machen? Entweder man kann schreiben oder nicht. Entweder man hat etwas zu sagen oder nicht. Ist das so? Lea: Man kann sehr viel lernen, allerdings besteht meine Arbeit nicht daraus, Seminare zu geben, sondern ich begleite Autoren bei der Planung und beim Schreiben ihres Romans. D.h. auch, dass ich normalerweise über einen längeren Zeitraum mit den Autoren zusammenarbeite und ich muss gestehen, dass ich diese Arbeit wirklich liebe, wie ich überhaupt die Vorarbeit zu Romanen liebe, und zwar mit allem was dazugehört: Figurenentwicklung, Erstellen eines Plots mitsamt des Spannungsaufbaus, etc. All dies zum Beispiel sind auch Dinge, die die Autoren im Kurs lernen. Dazu natürlich auch, wie man spritzige Dialoge schreibt, wie man den passenden Antagonisten anlegt, wie man überhaupt erst einmal lernt, bildhaft und szenisch zu schreiben … Welche handwerklichen Fehler bemerkst du bei Anfängern immer wieder? Lea: Sie erklären zu viel, statt die Handlung direkt ablaufen zu lassen. Ein anderes Problem ist oft, dass die Figuren nicht genug durchdacht sind, und deswegen nicht authentisch, sondern wie Abziehbilder wirken. Außerdem muss man oft am Aufbau des Romans „rütteln“, damit alles logisch aufeinander aufbaut. Das macht meist den größten Teil der Arbeit aus. Hast du jemals ein Schreibseminar besucht? Wenn ja, wie hat dir das weitergeholfen? Lea: Leider gab es das früher nicht, denn ich schreibe ja schon über 20 Jahre. Ich habe allerdings lange für Zeitschriften gearbeitet, und dort bekommt man Texte so lange wieder hingelegt, bis sie absolut sitzen. Das war wahrscheinlich noch viel intensiver, als jedes Schreibseminar sein kann. Und ja, diese Art der Rückmeldung mitsamt den Verbesserungsvorschlägen hat mir sehr geholfen und helfen mir noch heute – indem ich anderen mit ähnlichen Ratschlägen weiterhelfen kann. Gibt es einen Schreibratgeber oder mehrere, die du ganzen Herzens empfehlen kannst? Lea: James Frey ist auf dem amerikanischen Markt wahrscheinlich unschlagbar, aber in Deutschland und für den deutschsprachigen Markt würde ich auf jeden Fall Hans Peter Roentgen empfehlen. Was gibt es Neues von Lea Korte und wann bist du wo auf Lesereise? Lea: Da wir vor knapp vier Jahren noch einmal doppelten Familienzuwachs bekommen haben und inzwischen auch noch ein fünftes Kind mein Leben durcheinanderwirbelt, ist das eigene Schreiben im Moment etwas in den Hintergrund gerückt, aber, wie schon gesagt, habe ich vor, in diesem Jahr wieder loszulegen. Auch Lesereisen konnte ich aus diesem Grund im letzten Jahr nicht machen, aber ich hoffe bald wieder! Ich danke dir, dass du dir Zeit genommen hast, meine Fragen zu beantworten. Lea: Und ich danke dir für die überaus interessanten Fragen! Rezension: Die Maurin, Das Gemeinnis der Maurin Zu den anderen Interviews