Autorin
Sabine Ibing
Ulf Torreck hat nach dem Abbruch seines Jurastudiums in Leipzig
eine Ausbildung zum Drehbuchautor absolviert, sowie eine zum
Script Doctor. Unter dem Pseudonym David Gray veröffentlichte
der Autor fünf Romane als Selfpublisher. Der Thriller »Glashaus«
wurde vom Pendragon Verlag unter dem Titel »Kanakenblues« in
einer Neubearbeitung veröffentlicht. Daneben schreibt Torreck
unter seinem David-Gray-Pseudonym regelmäßig für das
Literaturcafe. Erstmalig erschien unter seinem richtigen Namen
bei Heyne der historische Krimi »Fest der Finsternis«.
Der Autor wurde mir auf der Leipziger Buchmesse beim Blogntalk
Random House zugeteilt. Wir hatten ein nettes Gespräch. Leider
hatte ich seinen Histo-Krimi noch nicht gelesen, und wir
vereinbarten ein schriftliches Interview nach meiner Lektüre.
S. I.: Herr Torreck, Sie sind den langen Weg über Selfpublishing
zum Kleinverlag und zum Publikumsverlag gegangen. Welche
Erfahrung prägt am meisten?
U. T.: Das ist so eindeutig nicht zu beantworten. Was prägt ist
das Schreiben, die immer neue Herausforderung, die darin liegt
und das Gefühl, dass man nie fertig damit sein kann,
paradoxerweise - so bedrückend das sich zuweilen anfühlt - auch
gar nicht jemals wirklich fertig sein WILL. Und ich bin der Erste,
der zugibt, dass ich bisher mit all meinen Verlegern und
Verlagen Glück gehabt habe, vom winzigen Edition Krimi in
Leipzig, über den bundesweit wichtigen und beachteten
Pendragon Verlag bis hin zu den Mitarbeitern bei Random House.
Aber ich gebe eben auch zu, dass eBooks im Amazons Kindle
Programm zu veröffentlichen, mir die finanzielle Freiheit
verschafft hat einige Romane und Storys zu verfassen, die ich
mir ohne das nicht hätte leisten können zu schreiben. Wer darin
dort zu veröffentlichen und damit Geld zu verdienen, twas
verwerfliches sehen will, dem erklär ich gern mal einige der
Grundzüge des Kapitalismus, in dem wir alle leben.
S. I.: Das Verhältnis zwischen Selfpublishern und Verlagsautoren
ist nicht immer einfach. Gibt es etwas, was Sie in der Zeit als SP
geärgert hat?
U. T.: Mich ärgert Schubladendenken und Borniertheit allgemein.
Ich weiss, keiner von uns ist je ganz frei davon. Aber ob nun
unter den Indieautoren oder denen beim Verlag, unter
Feuilletonschreibern oder Bloggern, da sind immer auf allen
Seiten Mythen, die weiter gefüttert oder Abneigungen, die trotzig
gepflegt werden.
S. I.: Ich habe gehört, die Verbindungen zu den Verlagen haben
sich zufällig über Kontakte ergeben, weniger auf dem
klassischen Weg der Exposee-Einreichung an das Lektorat.
Stimmt das?
U. T.: Das stimmt so. Aber das sollte man nicht als Trick oder gar
neue Regel ansehen, sondern einfach als das, was es war:
Ergebnis von harter Arbeit und etwas Glück. Kein Mensch nimmt
etwas von Ihnen wenn er es nicht in irgendeinem Aspekt oder
Kontext interessant findet. Und um zu einem interessanten und
hoffentlich sogar unterhaltsamen oder gar wichtigem Werk zu
kommen, muss man schon in Schweiß und Enttäuschung und
zuweilen auch Furcht bezahlen. Wir sind alle keine Helden. Aber
es hilft seine Zeit an etwas zu verschwenden, an das man
glauben kann.
S. I.: Ihr Geschichtskrimi »Fest der Finsternis« spielt im
napoleonischen Paris. Was fasziniert Sie an dieser Zeit?
U. T.: Dass sie in so vielem unserer Ära ähnelt. Das beginnt bei
Fakenews und endet noch lange nicht bei gierigen und von
Hybris besessenen Herrschern.
S. I.: Weshalb haben Sie dem Kriminalen Louis Marais als
sachkompetenten Polizeiberater Marquis de Sade
beiseitegestellt? Was hat Sie an diesen historischen
Persönlichkeiten gereizt?
U. T.: Der Widerspruch zwischen einem von Zweifeln geplagten
aber dennoch frommen Katholiken und einem atheistischen
Aufklärer, der noch dazu nicht ganz zufällig auch Pornos
schrieb.
S. I.: Charles-Maurice de Talleyrand-Perigord, ehemaliger
Bischof von Autum, Mitglied der Nationalversammlung, der
verschlagene Polizeiminister Joseph Fouché, alles berühmte
Männer. Die Feindschaft zwischen den beiden ist legendär. Und
ich finde, die historischen Persönlichkeiten sind recht gut
dargestellt. Die Recherchen müssen sehr aufwendig gewesen
sein. Wie lange hat es gedauert, haben Sie vorher gewusst, was
auf Sie zukommt?
U. T.: Ich wusste nicht was da auf mich zukommt. Das weiß man
ja nie. Wer etwas anderes behauptet, behaupte ich jetzt mal,
lügt entweder oder betreibt das Geschäft des Schreibens nicht
seriös genug.
S. I.: Wenn man ordentlich recherchieren will, kann man das
Internet vergessen. Welchen Aufwand haben Sie betrieben,
welche Reisen haben Sie auf sich genommen?
U. T.: Ich habe die Anzahl der Reisen nicht mehr im Kopf. Es
waren sicher um die 20, innerhalb Deutschlands und nach
Frankreich oder UK. Das Internet hilft allerdings schon bei der
Recherche, es hält Fakten auf Knopfdruck parat. Harte Fakten,
die keiner bestreitet. Das ist unglaublich zeitsparend. Aber ich
nehme an ich habe auch um die 250 Bücher gekauft oder
ausgeliehen, gelesen und geprüft um zum Grundgerüst des
Romans zu kommen. Was Zeitungs- und/oder Magazinartikel
betrifft habe ich keine Zahl parat.
S. I.: Und wie ist das beim Schreiben, steht man, obwohl man
glaubt, alles recherchiert zu haben, trotzdem plötzlich vor einem
Rätsel? Was macht man dann?
U. T.: Dann denkt man solange darüber nach, bis man es -
zumindest für sich selbst - lösen konnte.
S. I.: Ich danke Ihnen für die Beantwortung meiner Fragen.
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Interview mit
Ulf Torreck
(von Sabine Ibing)
Foto: © Eric Weiss